Mittwoch, 23. September 2015

Stationierung neuer US-Nuklearwaffen in Deutschland

22.9.15. Nach einem Bericht des ZDF-Magazins "Frontal 21" sollen 20 neue amerikanische Atombomben vom Typ B61-12 auf dem Bundeswehr-Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz stationiert werden. (Vgl. Focus,21.9.)


B61

Diese taktischen Nuklearwaffen vom Typ B61-12 seien wesentlich zielgenauer sind als die Atombomben, die bislang in Büchel lagern und hätten zusammen die Sprengkraft von 80 Hiroshima-Bomben:
Im 
Juli 2015 hatte das US-Militär von der Nellis AFB aus einen den ersten Abwurftest mit der neuen B61-12 LEP durchgeführt. LEP steht für Life Extension Program, das seit Februar 2012 durchgeführt wird, um vorhandene B61-Atombomben aufzuarbeiten und mit einem Steuerteil im Heck zu versehen. Damit wird die Präzision der mit einem 50-Kilotonnen-Sprengkopf versehenen Bombe erhöht. Die Atombombe soll ältere Modelle vom Typ B61-3,- 4,- 7 und -10 ablösen.(Vgl. "Erster Abwurftest mit der Atombombe B61-12", flugrevue.de)

Die NATO unterhält in Europa sechs Standorte für US-Atomwaffen, auf denen ca. 180 US-amerikanische Nuklearwaffen werden dort gelagert: Büchel in der Eifel, Kleine Brogel in Belgien, Volkel in den Niederlanden, Aviano und Ghedi in Italien und in Incirlik in der Türkei. In Aviano entsteht eine ganz neue Sicherungsanlage, die zwölf Flugzeugschutzbauten umgibt, von denen höchstwahrscheinlich elf je ein unterirdisches Magazin zur Lagerung atomarer Waffen enthalten. Insgesamt mehren sich die Anzeichen, dass diese Standorte für weitere Jahrzehnte Atomwaffen beherbergen sollen und dafür mit viel Geld modernisiert werden. Parallel beginnen in diesem Jahr auch die US-Arbeiten zur Anpassung des Tornados an die neue Nuklearwaffe B61-12 ...folgerichtig zerbricht sich die Bundeswehr bereits den Kopf, wie die Flugzeuge dieses Typs auch über das Jahr 2025 oder 2030 hinaus in Dienst gehalten werden können. (Vgl. "Upgrades At US Nuclear Bases In Europe Acknowledge Security Risk", facs.org, 10.9.)

Die Frage nach der grundsätzlichen 'Notwendigkeit' zur Stationierung amerikanischer Atomwaffen in Mitteleuropa vermag ich vom militärischen Standpunkt (Kräftegleichgewicht, Reaktionsgeschwindigkeit etc.) kaum zu beurteilen. Hierzu müssten genaue und aktuelle Angaben über das konventionelle und nukleare Bedrohungspotenzial auf russischer Seite analysiert werden.

Zwei andere Aspekte aber geben Anlass zur Besorgnis:
  • Taktische Kernwaffen (oder 'nukleare Gefechtsfeldwaffen') sollen ähnlich wie konventionelle Waffen zur Bekämpfung gegnerischer Streitkräfte eingesetzt werden. Ihr Wirkungskreis und in der Regel auch die Sprengkraft sind deutlich geringer als bei strategischen Waffen. Der geringe Wirkradius soll einen Einsatz relativ nahe an den eigenen Positionen erlauben. Anders ausgedrückt, diese Dinger dienen nicht nur einem Abschreckungsszenario wie die ICBMs, sondern sie sollen im Ernstfall wirklich zum Einsatz kommen
  • Die Konfrontation zwischen Russland und der NATO befindet sich längst in einer gefährlichen Eskalationsspirale. Ausgerechnet jetzt die (evtl. schon längerfristig geplante?) Modernisierung von Atomwaffen in Europa zu kommunizieren, wird die Spannungen nur weiter verschärfen.
Ausführlichere Infos unter: "Atomwaffen-Modernisierung in Europa - Das Projekt B61-12, eine Studie von von Otfried Nassauer und Gerhard Piper am BITS BITS - Berliner Informationszentrum für transatlantische Sicherheit (als Pdf)

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