Mittwoch, 7. Oktober 2015

Was soll dieser Javascript-Zwang?

Wie viele mäßig vorsichtige Internet-User habe ich Javascript im Browser standardmäßig deaktiviert: Tools wie Noscript gestatten jedoch eine individuelle Einstellung für jene Webseiten, denen man vertraut.

Mit dieser Vermeidung von Sicherheitslücken nimmt man in Kauf, dass manche visuelle Elemente nicht angezeigt und bestimmte Funktionen nicht genutzt werden können. 
Doch viele Content-Anbieter leiden an einer 'Zwangsstörung': inzwischen gehen immer mehr Seitenbetreiber dazu über, ihren Besuchern ein Alles-Oder-Nichts-Prinzip aufzuwingen. Hierzu wird der Text (für dessen Anzeige nur in den seltensten Fällen Javascript aktiviert sein müsste) mit hässlichen roten Balken o.ä. unleserlich gemacht - bis auf den freundlichen Hinweis 
"...ist für die Nutzung mit JavaScript ausgelegt. Bitte aktivieren Sie JavaScript in Ihrem Browser!
Auf der MoPo-Webpräsenz wird dieser Zwang besonders auffällig visualisiert: der Text im Hintergrund verschwindet nicht vollständig, sondern verschwimmt bis zur Unkenntlichkeit. Klar, wer überhaupt noch unentgeltlich Beiträge ins Netz stellt, will natürlich nicht, dass etwaige Werbung und/oder Datensammlungen für Statistiken unterbunden werden.
Schon im Jahr 2001 hatten Datenschützer den  Zwang zu Cookies, Javascript und ActiveX kritisiert (Heise.de). Die Deutsche Vereinigung für Datenschutz eine Schwarze Liste von Webseiten führen, welche das Akzeptieren 'aktiven Inhalten' verlangen. 

In der Praxis müssen User sich häufig entscheiden: Verzichten sie auf den Besuch der betreffenden Homepage, oder schalten sie das ungeliebte JavaScript  ein - obwohl es zum Lesen von Textbeiträgen etc. im Grunde überflüssig und zudem ein Einfallstor für sog. 'Day-0 Exploits' und sonstige Malware ist.

"Eine Umfrage mit Javascript-Zwang ist eine Umfrage mit deutlich weniger Antworten."

Wie so oft unterschätzen Verbraucher auch in diesem Kontext ihre 'Macht': Würde eine ansehnliche Mehrheit von Internetnutzern sich dem riskanten Klicki Bunti -Schrott samt Zappelgifs verweigern, wären die Anbieter wohl benutzerfreundlicheren Konzepten gezwungen. Doch leider siegt auch hier meist die Bequemlichkeit. Zudem kann man ohne Javascript den Zugang zu Portalen wie Facebook komplett vergessen (vermute ich mal) ...aber in deren Nutzung erweist sich heutzutage offenbar das Menschsein schlechthin...

Naja, das muss letztlich jeder für sich selbst entscheiden ... ein Javascript-Zwang ist für mich fast immer ein guter Anlass zum Verlassen der Seite. Kann und will ich denn ganz ohne MoPo und Fbook leben? Öhm..., ja.

Bei Google wird's schon schwieriger, denn andere Suchmaschinen zeigen meist auf den ersten 5 -10 Seiten exakt das an, was ich nicht gesucht habe. Immerhin lässt sich die Google-Suchfunktion auch mit deaktiviertem Javascript nutzen, wenn auch nicht ganz so komfortabel; Auto-Vervollständigung und Anzeige von Ergebnissen noch beim Eintippen geht dann nicht.

Donnerstag, 24. September 2015

Heute (24.9.) Weltuntergang? Nicht schon wieder...

Im April 2015 zeichnete sich ab: Es geht wieder los: "Prediger sicher: Roter Blutmond zu Ostern ist ein Zeichen Gottes - Faszinierendes Naturschauspiel".  
Auf Fischinger Online wurden gleich zwei Blog-Beiträge ins Netz gestellt:
  • 8.6.: "Am 24. September 2015 kommen der Weltuntergang und Jesus Christus über die Erde! Alle Ungläubigen werden zerschmettert und die Gläubigen 'entrückt'." 
  • 22.9.:"Das Jüngste Gericht ist nahe! Eine „Mormonen-Priesterin“ in den USA glaubt, dass noch in diesem Monat der Weltuntergang beginnt."
Lars Fischinger setzt sich durchaus kritisch-ironisch mit dieser neverending story auseinander:
"Endlich wieder ein Weltuntergang. Endlich wieder die wildesten Aussagen im Internet."
Aufgrund vieler Anfragen, erklärt Fischinger, habe er sich dann doch entschlossen, ein eigenes Video-Statement über diesen neuerlichen Weltuntergang samt Entrückung der Gläubigen und Gehorsamen zu publizieren. Und mehr als 66.000 Klicks auf YT zeigen, dass sich wiederum etliche Leute für die düsteren Warnungen interessieren.

Trotzdem - ich mag nicht mehr. Ich mochte schon 2012 nicht, als große Teile der Dauerpanik-Fraktion im Internet monatelang am Rad drehten.

Anstatt uns um die Hallus selbsternannter Endzeitprediger zu sorgen, sollten wir uns endlich mit langfristiger wirksamen, dafür aber realen Bedrohungspotenzialen befassen.

Mittwoch, 23. September 2015

Stationierung neuer US-Nuklearwaffen in Deutschland

22.9.15. Nach einem Bericht des ZDF-Magazins "Frontal 21" sollen 20 neue amerikanische Atombomben vom Typ B61-12 auf dem Bundeswehr-Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz stationiert werden. (Vgl. Focus,21.9.)


B61

Diese taktischen Nuklearwaffen vom Typ B61-12 seien wesentlich zielgenauer sind als die Atombomben, die bislang in Büchel lagern und hätten zusammen die Sprengkraft von 80 Hiroshima-Bomben:
Im 
Juli 2015 hatte das US-Militär von der Nellis AFB aus einen den ersten Abwurftest mit der neuen B61-12 LEP durchgeführt. LEP steht für Life Extension Program, das seit Februar 2012 durchgeführt wird, um vorhandene B61-Atombomben aufzuarbeiten und mit einem Steuerteil im Heck zu versehen. Damit wird die Präzision der mit einem 50-Kilotonnen-Sprengkopf versehenen Bombe erhöht. Die Atombombe soll ältere Modelle vom Typ B61-3,- 4,- 7 und -10 ablösen.(Vgl. "Erster Abwurftest mit der Atombombe B61-12", flugrevue.de)

Die NATO unterhält in Europa sechs Standorte für US-Atomwaffen, auf denen ca. 180 US-amerikanische Nuklearwaffen werden dort gelagert: Büchel in der Eifel, Kleine Brogel in Belgien, Volkel in den Niederlanden, Aviano und Ghedi in Italien und in Incirlik in der Türkei. In Aviano entsteht eine ganz neue Sicherungsanlage, die zwölf Flugzeugschutzbauten umgibt, von denen höchstwahrscheinlich elf je ein unterirdisches Magazin zur Lagerung atomarer Waffen enthalten. Insgesamt mehren sich die Anzeichen, dass diese Standorte für weitere Jahrzehnte Atomwaffen beherbergen sollen und dafür mit viel Geld modernisiert werden. Parallel beginnen in diesem Jahr auch die US-Arbeiten zur Anpassung des Tornados an die neue Nuklearwaffe B61-12 ...folgerichtig zerbricht sich die Bundeswehr bereits den Kopf, wie die Flugzeuge dieses Typs auch über das Jahr 2025 oder 2030 hinaus in Dienst gehalten werden können. (Vgl. "Upgrades At US Nuclear Bases In Europe Acknowledge Security Risk", facs.org, 10.9.)

Die Frage nach der grundsätzlichen 'Notwendigkeit' zur Stationierung amerikanischer Atomwaffen in Mitteleuropa vermag ich vom militärischen Standpunkt (Kräftegleichgewicht, Reaktionsgeschwindigkeit etc.) kaum zu beurteilen. Hierzu müssten genaue und aktuelle Angaben über das konventionelle und nukleare Bedrohungspotenzial auf russischer Seite analysiert werden.

Zwei andere Aspekte aber geben Anlass zur Besorgnis:
  • Taktische Kernwaffen (oder 'nukleare Gefechtsfeldwaffen') sollen ähnlich wie konventionelle Waffen zur Bekämpfung gegnerischer Streitkräfte eingesetzt werden. Ihr Wirkungskreis und in der Regel auch die Sprengkraft sind deutlich geringer als bei strategischen Waffen. Der geringe Wirkradius soll einen Einsatz relativ nahe an den eigenen Positionen erlauben. Anders ausgedrückt, diese Dinger dienen nicht nur einem Abschreckungsszenario wie die ICBMs, sondern sie sollen im Ernstfall wirklich zum Einsatz kommen
  • Die Konfrontation zwischen Russland und der NATO befindet sich längst in einer gefährlichen Eskalationsspirale. Ausgerechnet jetzt die (evtl. schon längerfristig geplante?) Modernisierung von Atomwaffen in Europa zu kommunizieren, wird die Spannungen nur weiter verschärfen.
Ausführlichere Infos unter: "Atomwaffen-Modernisierung in Europa - Das Projekt B61-12, eine Studie von von Otfried Nassauer und Gerhard Piper am BITS BITS - Berliner Informationszentrum für transatlantische Sicherheit (als Pdf)

Islamischer Saat: Verhaltenskodex im Umgang mit Sklavinnen

Die Verbreitung von Furcht und Schrecken durch per Video dokumentierte Grausamkeiten sowie systematische Vergewaltigungen sieht der IS als legitime Mittel seines Krieges gegen die Ungläubigen an.
Seit Monaten existieren Berichte, wonach die fanatischen Mörder der Terrorbande IS junge Mädchen und Frauen als Sklavinnen halten. Sie werden auf Sklavenmärkten verkauft und dann von ihren 'Eigentümern' geschlagen und sexuell missbraucht.
Die Terroristen versuchen nun, die Legitimität ihres Handeln aus islamischen Rechtsquellen herzuleiten. Was dabei herauskommt, ist ein Freibrief der Abscheulichkeiten:

Das Jesidentum ist eine monotheistische, nicht auf einer heiligen Schrift beruhende und nicht missionierende Religion. Die Mitgliedschaft ergibt sich durch Geburt, wenn beide Elternteile jesidischer Abstammung sind. Im Zentrum des jesidischen Glaubens stehen der Melek Taus („Engel Pfau“), der Scheich Adi ibn Musafir (um 1073–1163) sowie die sieben Mysterien. Das Jesidentum wird zu den zeitgenössischen monotheistischen Religionen gezählt, neben Judentum, Christentum, Islam, Sikhismus, Bahaitum und Zoroastrismus.

Vom IS werden die Jesiden der Einfachheit halber jedoch als heidnische Religion aus vorislamischer Zeit eingestuft, sie gelten als Polytheisten und "Götzendiener".
Deshalb sei man "nach islamischem Recht" berechtigt, jesidische Frauen und Kinder zu versklaven."
In der "Praxis" kommt diese Auslegung einer Ermächtigung gleich, selbst Kinder zu vergewaltigen:

Sexuelle Unterdrückung und Terror dienen dem IS als Instrument, um die Fassade einer gewissen Stabilität nach innen aufrechtzuerhalten. Für den Umgang mit Sklavinnen gibt es einen Verhaltenskodex, der in 27 Fragen und Antworten Orientierung geben soll.  
Als Sklavinnen können demnach alle Frauen und Mädchen gehalten werden, die "ungläubig", also keine Musliminnen sind: "Es ist erlaubt, Geschlechtsverkehr mit einer Sklavin zu haben, die noch nicht in der Pubertät ist, solange sie geeignet zum Geschlechtsverkehr scheint." 
Wie die WELT berichtet, stellt Aussicht auf junge Sklavinnen einen wichtigen Rekrutierungsgrund des IS dar:
"Viele fühlen sich angezogen von den professionell in Szene gesetzten IS-Kriegern und ihrem Leben mit eroberten, gekauften oder geschenkten Konkubinen jeden Alters."

Siehe auch:

  • "Ein Kind im Alter von ein bis neun Jahren kostet etwa 150 Euro" - Systematischer Frauen- und Kinderhandel als Finanzierungs-Instrument des IS (WELT,28.8.15)

Dienstag, 22. September 2015

Streit: "EU-Staaten entzweien sich in Flüchtlingskrise"

22.9.15. Die EU-Staaten hätten sich über die Frage der Verteilung von 120.000 Flüchtlingen entzweit, berichtet Reuters. Freundliche Umschreibung für einen handfesten Streit? Es scheint so:


Nicht einstimmig, sondern gegen den Willen von vier osteuropäischen Ländern beschlossen die Innenminister die Umsiedlung der Menschen mit Aussicht auf Asyl, die meist in Griechenland und Italien erstmals EU-Gebiet betreten hatten.
"Wir hätten eine einstimmige Entscheidung vorgezogen."
Eine Abstimmung im EU-Rat mit qualifizierter Mehrheit ist ungewöhnlich. Gegen den Beschluss stimmten Tschechien, die Slowakei, Ungarn und Rumänien; diese Staaten sperren sich vor allem gegen Vorgaben, wie viele Flüchtlinge sie aufnehmen sollen. Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico stellte klar, eine verpflichtende Verteilung von Flüchtlingen in der Slowakei werde es während seiner Regierungszeit nicht geben werde.
Am Mittwoch beraten die Staats- und Regierungchefs in Brüssel über die Flüchtlingskrise. 

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Dienstag, 8. September 2015

Nudging - ein sanfter Schubs? Verhaltensökonomie im Kanzleramt

Vor einem Jahr war dies ein ziemlicher Aufreger: In einer Stellungsausschreibung suchte das Bundeskanzleramt nach Psychologen, Anthropologen und Verhaltensökonomen: Die Regierung wolle künftig wirksamer regieren und den Bürgern einen Schubs in die „richtige“ Richtung geben. 
Das Bundeskanzleramt sucht gleich drei Referenten mit tiefen Kenntnissen über Psychologie, Anthropologie und Verhaltensökonomik für den Stab Politische Planung, Grundsatzfragen und Sonderaufgaben - von der BILD wurden die künftigen Stelleninhaber kurzerhand "Psycho-Trainer" getauft.

Es gehe darum, neue Methoden für „wirksames Regieren“ zu erproben. Dafür sollten Erkenntnisse der Verhaltensökonomie stärker genutzt werden.  

Verhaltensökonomik oder Verhaltensökonomie als Teilgebiet der Wirtschaftswissenschaften beschäftigt sich mit menschlichem Verhalten in wirtschaftlichen Situationen. "Dabei werden Konstellationen untersucht, in denen Menschen im Widerspruch zur Modell-Annahme des Homo oeconomicus, also des rationalen Nutzenmaximierers, agieren".
Mit anderen Worten, viele Menschen handeln und denken in einer Weise, die ihren eigenen Interessen (oder den Interessen der Merkel-Administration?) widerspricht. Konkret sollen diese "Psycho-Trainer" die „Entwicklung alternativer Designs von politischen Vorhaben“ auf Grundlage verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse vorantreiben, heißt es in der Anzeige. 

Den Grundstein dieser Idee einer psychologischen Politikberatung legte das Buch „Nudge“ von Richard Thaler und Cass Sunstein (Harvard Universität) im Jahr 2008. So ein Nudge (engl. für Stups oder Schubs) ist für die Erfinder des Begriffs Richard Thaler und Cass Sunstein eine Methode, um ohne Verbote oder Befehle das Verhalten von Menschen zu beeinflussen. Lässt man die umständlichen Euphemismen beiseite, will die Regierung gibt den Bürgern ihres Landes einen Schubser in die vermeintlich richtige Richtung geben. Um dadurch „wirksamer zu regieren“.



Positive Reaktionen

Die positive Sicht: "Hilfe zur Selbsthilfe...Menschen auf den Weg bringen", ohne die persönliche Entscheidungsfreiheit des Einzelnen manipulativ zu unterlaufen, wie Verhaltensökonom Winfried Neun im Gespräch mit dem ehemaligen n-tv-Moderator Andreas Franik erläutert (durch dieses Interview vom 1.9.2015 wurde ich erst auf diese Thematik aufmerksam):




Die Entscheidung von Bürgern sollen 'verbessert werden', ohne deren Wahlmöglichkeiten durch Zwang oder Restriktionen einzuschränken - zum Beispiel durch steuerliche Anreize. jedoch lässt W.Neun  (möglicherweise unbeabsichtigt) durchklingen, dass der politische Einsatz von Nudging sehr wohl darauf abzielt, "diffuse Ängste" und Widerstände in der Bevölkerung gegen Regierungsvorhaben zu reduzieren. Der Verhaltensökonom führt aus, mit dieser 'sanften' Methode lasse sich die Realisierungsgeschwindigkeit größer Vorhaben (wie beispielsweise die Energiewende samt der Nord-Süd-Trasse zur Stromversorgung) sogar halbieren.

Das klingt schon verdächtig nach psychologischer Trickserei, anstatt sich den (zumindest teilweise berechtigten und sehr wohl begründeten) Sorgen betroffener Bürger zu stellen und diese ggf. in geeigneten Konsultationen auszuräumen.

Kritik: ""Paternalismus light" oder gar "Der Bürger als Pawlowscher Hund"?


Der Verhaltensforscher Iwan P. Pawlow  hatte im Verlauf  seiner Experimente zum Zusammenhang zwischen Speichelfluss und Verdauung beobachtet, dass bei Hunden schon die Schritte des Besitzers Speichelfluss auslösten, obwohl noch gar kein Futter in Sicht war. Er vermutete, dass das Geräusch der Schritte, dem regelmäßig die Fütterung folgte, für die Hunde mit Fressen assoziiert war. Das vorher neutrale Schrittgeräusch werde im Organismus des Hundes mit dem Stimulus „Futter“ in Verbindung gebracht.
Um diese Hypothese zu prüfen, gestaltete er 1905 ein aussagekräftiges Experiment: Auf die Darbietung von Futter, einem unbedingten Reiz, folgt Speichelfluss (unbedingter Reflex -> unbedingte, d.h. vom Hund nicht beeinflussbare Reaktion), auf das Ertönen eines Glockentons (neutraler Reiz) nichts. Wenn nun der Glockenton wiederholt in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem Anbieten von Futter erklingt, reagieren die Hunde schließlich auf den Ton allein mit Speichelfluss. Dieses Phänomen bezeichnete Pawlow als Konditionierung.


Dieses Prinzip der 'klassischen Konditionierung' lässt sich vereinfacht so veranschaulichen:



Auf Menschen bzw. komplexes Sozialverhalten lässt sich dieses Prinzip nicht ohne weiteres anwenden - denn im menschlichen Kommunikations- und Entscheidungsverhalten spielen unbedingte Reflexe kaum eine Rolle.
Der Vorwurf "die Regierung will uns zu braven Haushunden degradieren" greift insoweit also nicht. Aber:
Die Lernpsychologie kennt außerdem die sog. instrumentelle und operante Konditionierung, welche  das Erlernen von Reiz-Reaktions-Mustern aus ursprünglich spontanem Verhalten betrifft. 
Die beabsichtigte Häufigkeit eines 'wünschenswerten' Verhaltens kann durch den gezielten Einsatz angenehmer Konsequenzen (Lob, Streicheln, Anerkennung, ein 'Leckerli', aber auch finanzielle Vergünstigungen) nachhaltig verändert werden. Dies funktioniert bei Kindern und Erwachsenen auch, ohne dass diesen die Verhaltensbeeinflussung bewusst wird. Rationales Entscheidungsverhalten ist eine Illusion, wir entscheiden allzuoft spontan und emotional ...'aus dem Bauch heraus'.
Vermutlich gehen die Befürchtungen von Kritikern politischen Nudgings eher in diese Richtung, aber 'der Bürger als armer manipulierter Hund' ist so herrlich plakativ.

In sozialen Medien war sogleich von einer Propaganda-Truppe Merkels die Rede - "Kanzleramt plant psychologische Manipulation der öffentlichen Meinung" lautet der Titel eines kritischen YT-Videobeitrages dazu.
Kritisiert wurde auch die anmaßende Haltung der Regierenden "Wir wissen besser als unsere Bürger, was gut für sie ist", d.h. über die Wünsche seiner Bürger zu befinden und diese mit psychologischen Tricks zu manipulieren. 

Nun versuche ich möglichst, mich nicht gleich vom allgemeinen Wutgeheul erfassen zu lassen oder darin einzustimmen, bevor ich mich überhaupt informiert habe.


Ist es denn wirklich so negativ zu bewerten, wenn "Mutti" ihren Kleinen gelegentlich mit sanftem Nachdruck den richtigen Weg aufzeigt? Na ja, es kommt drauf an - wie immer.

Auf WPedia ist als eingängiges Beispiel ein Nudge-Urinal abgebildet:


Die Visualisierung einer "Fliege" soll notorische Steh-Pinkler dazu motivieren, 
vor einem Urinal wenigstens richtig zu 'zielen“: Man(n) will also die Fliege 'wegpinkeln' und trifft deshalb in und nicht neben das Urinal. Diese Form der sanften Verhaltenssteuerung ist eher kreativ, meine ich. Ob's denn funktioniert (und falls ja - wie oft)? Irgendwann merkt doch jeder, dass die Fliege da bleibt, wo sie ist.
Im politischen Umfeld sind natürlich andere, deutlich weiter reichende Zielsetzungen gegeben. Dabei sollte auch nicht übersehen werden, dass die drei "Psycho-Trainer" sowie die von ihnen entwickelten Designs von Steuergeldern finanziert werden. Diesen Umstand erachte ich dann doch als bedenklich: Die Bürger zahlen die Gehälter eben jener Experten, von denen sie künftig gelenkt (oder ggf. manipuliert) werden sollen.  
Die Autoren des erwähnten YT-Videos gehen davon aus, "dieses in den USA entwickelte Verfahren zur Manipulation der öffentlichen Meinung soll jetzt auch in Deutschland mit Hilfe der Medien und des Fernsehens einen Meinungsumschwung hin zur Zustimmung von TTIP bewirken".

Obwohl ich TTIP anhand des wenigen, das wir bis heute darüber wissen (dürfen), als ausgesprochen risikobehaftet betrachte, erscheint mir diese Annahme doch zu weit hergeholt. Den Regierenden per se das Schlimmste aus allen denkbaren Absichten zu unterstellen, bringt uns ebenso wenig weiter wie vorbehaltsloses, blindes Vertrauen. Nicht "Lügenpresse" kreischen und dumpfes Misstrauen schieben - sondern: Aufmerksames Beobachten aus einer kritischen Distanz hat Vorrang. 

Außerdem: wie sollte eine solche Manipulation zugunsten TTIP wirksam werden, nachdem dermaßen verspätet  damit begonnen wurde? Im 4. Quartal 2014 hatten sich viele längst eine Meinung zu TTIP gebildet.
Die Öffentlichkeit in Deutschland ist - soweit sie sich überhaupt für "so etwas" interessiert - längst sensibilisiert für das geplante Handelsabkommen TTIP (wohingegen die Auseinandersetzung mit dem Dienstleistungs-Abkommen TiSA noch zu wünschen übrig lässt). Und jeder weitere Tag fortschreitender Geheimhaltung verschärft diese kritisch-ablehnende Haltung noch.
Die Auswirkungen der Arbeit von Merkels Nudging-Abteilung werden eher langfristig zu beobachten sein. Darauf sollten wir durchaus ein Auge haben: 

  • Läuft das Vorhaben "wirksamer regieren" mit sanfter Lenkung transparent ab ...etwa so, wie von Herrn Altmaier im Beitrag "Mit Nudging zur Energiewende?" beschrieben, also durch gezielte, aber offensichtliche Anreize?
  • Oder findet eine schwer nachvollziehbare, weil in-transparente Manipulation statt? Falls dem so ist, sollten die konkreten Vorfälle benannt und mit geeigneten demokratischen bzw. rechtsstaatlichen Mitteln abgestellt werden.

Siehe auch: 

Mittwoch, 2. September 2015

Syrien: Satellitenbilder belegen Zerstörung des Baaltempels in Palmyra

2.9.2015. Die Mörder, Vergewaltiger und Terroristen vom "Islamischen Staat" (IS)  haben den Baaltempel in Palmyra vollständig zerstrt. Die UN haben Satellitenbilder veröffentlicht, die das Ausmaß der Zerstörung zeigen.

Der Baaltempel in der syrischen Ruinenstadt Palmyra lag im Süden der antiken römischen Stadt und war der levantinischen Gottheit Baal gewidmet. Die Anlage galt eines der wichtigsten religiösen Bauwerke im ersten Jahrhundert n.Chr. im Nahen Osten und zählt(e) seit 1980 zum UNESCO-Welterbe. Der älteste Teil stammte noch aus hellenistischer Zeit.



Das Bauwerk wurde am 30. August 2015 von IS-Anhängern der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) gesprengt, nur die Außenmauer blieb erhalten. Die auf SPON veröffentlichten Satellitenaufnahmen machen jede Hoffnung zunichte, die Zerstörungen der 2000 Jahre alten Tempelanlage seien möglicherweise reparabel.

Nun ließe sich einwenden: Wozu diese Aufregung - angesichts einer verbrecherischen Organisation, auf deren Konto zahllose Morde und Gräueltaten an Frauen, Kindern und Alten gehen?
Nun, die Motivation dieses Zerstörungswerkes ist erschreckend: In den vom IS eroberten Regionen sollen sämtliche Zeugnisse vorislamischer Kulturen vernichtet werden. Gemordet wurde bei dieser 'Gelegenheit' außerdem: Khaled Asaad, der 82 Jahre alte Chefarchäologe von Palmyra hatte sich für den Schutz der Ruinenstadt eingesetzt und musste deswegen sterben.




Hof und Tempel des Baal in Palmyra (2007)

Siehe auch: 





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Bildquelle: Wikipedia, GNU-Lizenz für freie Dokumentation

Freitag, 17. Juli 2015

Welches ist das älteste Kunstwerk der Welt?

Persönlich hätte ich auf eine der frühen Höhlenmalereien getippt - beispielsweise die 40.000 Jahre alten Wandmalereien auf der Insel Sulawesi (Indonesien), die Forscher bereits in den 50er Jahren entdeckten.


Höhlenmalerei aus Altamira
Die steinzeitlicher Höhlenmalerei von Altamira ist hierzulande zwar bekannter, aber die Altamirahöhle wurde 'nur' von 16.000 v. Chr. bis 11.000 v. Chr. genutzt. Dennoch erwies die Höhle als wahre Fundgrube: Die Höhle enthält etwa 930 Bilder, darunter Ritzzeichnungen, reine Kohlezeichnungen sowie farbige Darstellungen. Abgebildet sind Hirsche, Bisons, Hirschkühe, Pferde und Wildschweine. Verwendet wurden Holzkohle sowie Rötel, schwarze Manganerde und verschieden getönter Ocker, die man mit Fett oder Eiweiß mischte.

Die Schwaben verweisen auf  die Venus vom Hohlen Fels als "die älteste Menschenfigur der Welt". Die 40.000 Jahre alte Frauenfigur ziert seit Mai 2015 eine Vitrine des Urgeschichtlichen Museums in Blaubeuren (Schwäbischen Alb).

Wikipdia benennt den Löwenmensch vom Hohlenstein-Stadel, eine altsteinzeitliche Skulptur aus Mammut-Elfenbein, die einen menschlichen Körper mit dem Kopf und den Gliedmaßen eines Höhlenlöwen darstellt. Die Skulptur stammt aus der Kultur des Aurignacien und gehört mit einem geschätzten Alter von etwa 35.000–40.000 Jahren zu den ältesten Kleinkunstwerken der Menschheit. Bei dem im Jahr 1939 entdeckten Objekt könnte es sich um ein Mischwesen aus Mensch und Großkatze (Höhlenlöwe) handeln. Denkbar sei indessen auch, dass ein Schamane dargestellt ist, welcher das Fell eines Löwen mit Kopf und Hinterläufen als Verkleidung benutzt.

Eine Meldung der BZ aus dem Jahr 2002 verweist auf einen Fund in der Blombos-Höhle in Südafrika, wo ca. 77.000 Jahre alte, mit Gravuren verzierte Ocker-Stückchen entdeckt wurden.

Doch auf Java haben Archäologen eine Muschelschale mit einem geometrischen Ritzmuster entdeckt und auf ein Alter von 500.000 Jahren datiert... 

Diesen überraschenden Fundstücke lassen vermuten, "dass sich das Kunstempfinden und das moderne Verhalten des Menschen sehr viel früher entwickelt haben als bisher bekannt", kommentierte der ORF:
"Mit dem Nachweis früheren "modernen Verhaltens" könnten die Experten eine Lücke füllen, die ihnen schon seit längerem zu denken gibt. Fossilienfunde und genetische Hinweise zeigen, dass schon vor 100.000 Jahren die ersten "anatomisch modernen" Menschen in Afrika lebten."
Vielleicht ist es nicht so sehr von Bedeutung, welches Artefakt nun das allerälteste ist - wichtiger ist, dass diese wertvollen Zeugnisse früher Kulturen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich bleibt. 

  • Einen Überblick der auf der Schwäbischen Alb, in der Gegend von Blaubeuren und Ulm gefundenen Elfenbeinfiguren  bietet die Webseite "Älteste Kunstwerke der Menscheit" auf eiszeitkunst.de.

Freitag, 20. März 2015

Noch eine Anti-Terror-Einheit

Die Bundespolizei soll durch eine neue hochgerüstete Anti-Terror-Einheit verstärkt werden - ergänzend zur nach 1972 eingerichteten GSG9. Damit soll eine schnelle Reaktion auf Krisensituationen wie jüngst in Paris oder Kopenhagen ermöglicht werden. (Quelle: DW)
Im Unterschied zur GSG9 soll die neue Einheit  auch für normale Polizeidienste herangezogen werden.
Genau das brauchen wir jetzt: eine zusätzliche Truppe, damit im Ernstfall erst einmal möglichst viel Zeit für Kompetenz- und Zuständigkeits-streitigkeiten draufgeht. Was spräche dagegen, die Personalstärke und Ressourcen der bestehenden Einheiten zur Terrorismusbekämpfung aufzustocken - falls in dieser Hinsicht bislang zu wenig getan wurde?

Wenn "dies" die Antwort der Bundesregierung auf die wachsende terroristische Bedrohung, vor allem durch den islamistischen Terrorismus sein soll, frage ich mich: Warum gerade jetzt? Die von Terroristen ausgehende Bedrohung ist nicht erst im Jahr 2015 entstanden.

Kann es sein, dass einmal mehr operative Hektik ausbricht...dass die Regierenden von einem angstvollen "Wir müssen etwas tun"-Wahn getrieben ist?
Wenn jemand mit schweren Waffen unterwegs sei, sei die Polizei nicht perfekt ausgestattet.
Ganz was Neues...bisher hatte das feige Terroristenpack wohl nur Luftpistolen dabei, wenn es unschuldige Opfer in die Luft sprengte.

Journalismus und Integrität: Wen interessiert ein Stinkefinger von vor zig Jahren?

"Wenn es zu einem Grexit käme, würde aus der griechischen Krise eine humanitäre Katastrophe", befürchtet Sven Giegold, Grünen-Abgeordneter im Europaparlament. Nun, im Zuge der durch die sog. Troika erzwungenen Finanz-"Reformen" in Griechenland stieg die Säuglingssterblichkeit um 43 Prozent; lebensnotwendige Medikamente (z.B. zur Krebstherapie) können nicht mehr bereitgestellt werden. Die Arbeitslosenquote liegt oberhalb der 25-Prozent-Marke.
Die humanitäre Katastrophe ist längst eingetreten

(Vgl. hierzu:
Wenn in dieser erschreckenden Situation innerhalb des reichen, angeblich wohlhabenden und der Menschenwürde verpflichteten Europa ein amtierender Finanzminister von deutschen Journalismen im öffentlich-rechtlichen TV mit einer über 2 Jahre alten Einspielung diskreditiert wird, erscheint dies meiner Einschätzung nach als Ausdruck einer gezielten Desavouierungs-Kampagne:
Will 'man' will diesen (zugegebenermaßen unbequemen und respektlosen) Störenfried Varoufakis loswerden und damit bestenfalls die gesamte Regierung Tsipras ins Abseits stellen?
Der dieser nutzlosen Aufgeregtheit zugrunde liegende Sachverhalt (aus dem Jauch-Interview mit Varoufakis vom 15.März 2015) lässt sich durchaus in einer kurzen Meldung abhandeln:
"In dem betreffenden Ausschnitt ist Varoufakis bei einem Vortrag im Jahr 2013 in Zagreb (Kroatien) zu sehen. Damals stand er als Wirtschaftsprofessor auf dem Podium. Während seines Vortrags verwies Varoufakis darauf, dass er nach dem Ausbruch der Krise vorgeschlagen habe, Griechenland solle im Januar 2010 so wie Argentinien seine Zahlungsunfähigkeit erklären. Dabei hätte das Land aber in der Eurozone bleiben sollen - "und damit Deutschland den Finger zeigen und sagen: Ihr könnt das Problem jetzt selbst lösen"." (Quelle: tagesschau.de)

Wen interessiert ein Stinkefinger von vor zig Jahren?


Der Wutpegel stieg binnen Minuten...und die Journaille übte sich in lustigen Wortfindungs- und Schlagzeilen-Spielereien:
  • "Fake-Finger-Gate"
  • "Varou-Fake oder nicht?
  • "Die Verwirrung ist groß"
  • "Die Emotionen kochen hoch!"
Sagt mal, merkt ihr noch was??

Anscheinend sehr viele Menschen...oder die Absicht dieses Rückgriffs auf fast schon historisches Filmmaterial besteht darin, auf BILD-Niveau hierzulande und in Griechenland für Aufregung zu sorgen.
Jede Minute gebürenfinanzierter Sendezeit ist verschwendet, wenn sie sich mit diesem unzeitgemäßen Nebenschauplatz beschäftigt. Dass anschließend "die sozialen Netzwerke explodieren", wirft ein trauriges Licht auf das hiesige Wutbürger-Potenzial.

Wie pointiert Kritik mit den Mitteln der Satire gestalten lässt, zeigte Jan Böhmermann (neo magazin royale) ist mit seiner vermeintlichen Manipulation des "Stinkefinger-Videos von Yanis Varoufakis": Mit seinem Hinweis auf "eine kleine gebürenfinanzierte Loser-Show" versetzte der ZDF-Moderator fast einen Tag lang die deutsche Öffentlichkeit an den Rand des kollektiven Herzinfarktes. 

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Böhmermann redet Tacheles:
"Das trifft aber wirklich 'nen Nerv. So sind wir Deutschen halt: In einem Jahrhundert zweimal Europa verwüstet - aber wenn man uns den Stinkefinger zeigt, dann flippen wir aus!  
Dann kennen wir keine sachliche Diskussion mehr."
Abschließend stellt B-Män noch klar:
"Liebe Günter-Jauch-Redaktion,...ihr habt das Video nicht gefälscht. Ihr habt einfach nur das Video aus dem Zusammenhang gerissen - und 'nen grichischen Politiker am Stinkefinger durch's Studio gezogen. Damit sich Muddi und Vaddi abends nach'm Tatort nochmal schön aufregen können..."
Dies ist für mich die entscheidende Aussage.
Sich an dieser blamablen, weil von den relevanten Fragen allzu weit entfernten Debatte ("Hat er nicht ...? Hat er etwa doch...? Was fällt dem Pleite-Griechen ein...!" usw.) zu beteiligen, offenbart einen Trend zur emotionalen Verstiegenheit bei totaler geistiger Windstille.
Sollten wir unsere Energie und unsere Emotionalität nicht dort einbringen, wo damit irgendetwas Positiv für von dramatischer Armut und Unterversorgung betroffene Personen erreicht werden kann??

Es ist verständlich, wenn die deutschen Steuerfragen sich über die anstehen Sachfragen echauffieren:
  • Warum kommt die griechische Regierung ausgerechnet jetzt auf die Idee, Reparationen in Bezug auf Nazi-Verbrechen vor 1945 zu fordern?
  • Auf welcher Rechtsgrundlage (bzw. welchem Rechtstitel) könnte Griechenland seine Drohung wahrmachen, deutschen Besitz im Zwangsverfahren zu verwenden?
  • Weshalb fokussieren Tsipras und seine Ministerriege ihre z.T. unsachliche, wenn nicht beleidigende Kritik dermaßen auf Deutschland?
    Ist die Troika etwa ein Produkt von urdeutscher Gründlichkeit und Regelungswut?
  • Weshalb wurde in Griechenland von 2012 bis 2015 noch immer keine funktionierende Steuerverwaltung installiert, um die staatlichen Einnahmen zu sichern?
Aber auch:
  • Weshalb lässt man der neugewählten Regierung Griechenlands nicht einmal die üblichen 100 Tage Zeit, um den vor ihr liegenden Spagat zu vollziehen: einerseits ihre Wahlversprechen einzuhalten und andererseits ein glaubhaftes Konzept zur Schuldentilgung vorzulegen - in einer Weise, die allen Griechen (insbesondere jenen unterhalb der Armutsgrenze) ein menschenwürdiges Leben wieder ermöglicht?
  • Ist ein Grexit sinnvoll? Ist er überhaupt zu verantworten? Werden die Konsequenzen einer Rückkehr zur Drachme von den Grexit-Befürwortern überhaupt richtig eingeschätzt? 
  • Weshalb vergibt die EU/EZB nicht schnellstens ein zweckgebundenes Darlehen an den griechischen Staat, das allein dazu dient, um die schlimmsten Armutsfolgen zu lindern, eine Auswirkung der einseitig angelegten Auflagen im Rahmen des ESFS-/ESM-Programms?
Diese Fragen werden im (unten eingeblendeten) Interview mit Yanis Varoufakis durchaus thematisiert - in einer kontrovers geführten, interessanten Diskussion. Nur, was davon in der medialen und netzbasierten Öffentlichkeit nachklingt, ist der bekloppte Rückgriff auf den alten Filmausschnitt über des Finanzministers Mittelfinger.

Nicht zu fassen.

Das Fake ist also gar kein Fake. Dass der griechische Finanzminister von der Jauch-Redaktion eine Entschuldigung forderte, erwies sich insoweit als vorschnell. Derweil nahm nahm die Aufgeregtheit gestern Abend bei "Lanz" ihren Fortgang:
Nach kurzzeitiger Verwirrung wurde aus "Fakefinger-Gate" wieder "Finger-Gate" - der gerechte deutsche Volkszorn durfte weiter kochen. Mit geschickter Fragestellung insinuierten M.Lanz und seine Gäste, nach seiner ungeschickten Reaktion auf das Vorgeführtwerden mit seinem alten Stick-the-Finger-Video sei wohl der Rücktritt des griechischen Finanzministers fällig:


'In Deutschland müsste so einer zurücktreten' lautete der Gedanke, der einem deutschen Millionen-Publikum in kaum merklich gelenkter Spontaneität nahegebracht wurde.
Na klar, das deutsche Wesen, an dem die Welt (oder wenigstens Europa) nach Meinung mancher immer noch genesen soll, kommt in der Sachfrage mit dem störrischen Griechen nicht weiter...also muss er weg. Notfalls dank dieser (durchaus kritikwürdiger) Meinungsäußerung von vor zwei Jahren.

Jauch-Interview mit Yanis Varoufakis vom 15.März 2015: