Donnerstag, 20. Dezember 2012

Die Annunaki haben es in den STERN geschafft...

Als Garant für den Weltuntergang ungeeignet

Bisher, so war jedenfalls mein Eindruck, beschränkte sich die etablierte Presse auf die Szenarien für den 21.12.12, die zumindest einen realen Kern haben. Doch das Quotenkarussell muss sich weiterdrehen - mit den bekannten Gruselstories geht das bis morgen um 23:59h.


Florian Freistetter, den ich bislang durch seine Bücher und seinen Wissenschaftsblog kannte, hat im STERN einen Artikel "Fakten zum Maya-Kalender: Die mysteriösen Weltuntergangsszenarien der Esoteriker" verfasst.

"Kein Wissenschaftler glaubt an die Interpretation des Maya-Kalenders, nach der noch diesen Monat die Welt untergehen soll. Doch für Esoteriker bleibt der 21.12.2012 ein besonderes Datum. Wahlweise rauscht dann Planet X in die Erde, wir alle ziehen in eine andere Dimension um – oder die Annunaki kommen".
In seiner Darstellung mutieren die Erwartungen und Ängste in Bezug auf kommenden Freitag zu einer Angelegenheit verschiedener Esoteriker-Fraktionen ('Pessimisten und Optimisten'). Tatsächlich scheint sich der gesamte, ach so aufgeklärte Westen in drei Lager geteilt zu haben: jene, die genau zu wissen glauben, was zur diesjährigen Wintersonnenwende passiert - und die Gruppe derer, die mit Sicherheit angeben kann, was alles nicht geschehen wird.
Und dann ist da noch der gleichgültige Rest, den das Thema absolut nicht tangiert (was aber kein Hindernis darstellt, sich an diesem Freitag auf einer der vielen Weltuntergangspartys einzufinden und ordentlich einen zu nehmen...

Wäre es für die Untergangsgläubigen nicht klüger gewesen, sich auf ein konkretes Szenario 
zu einigen (z.B. Sonnenstürme, deren Existenz und Bedrohlichkeit sind unbestreitbar)? Schwer zu sagen: dies hätte zwar die Glaubwürdigkeit insgesamt beträchtlich erhöht, aber die Möglichkeit genommen, schnell noch eine eigene und möglichst profitable 'Theorie' zum 21. Dezember 2012 aufzustellen. 
Der bekannte Ufo-„Forscher“ Erich von Däniken glaubt zum Beispiel, dass Außerirdische zur Erde zurückkehren werden – allerdings hält er sich die Möglichkeit von Berechnungsfehlern offen: die Umrechnung des Mayakalenders auf den heute verwendeten Kalender enthalte eine Genauigkeitslücke von 20-25 Jahren.

Wie in seinen Blogartikeln präsentiert Freistetter auch im Stern die skurrilsten Vorstellungen für den 21.12., auf meiner persönlichen Top-Ten-Liste rangiert neben dem kollektiven "Aufstieg in die 5. Dimension" (dank unserer Schwarmintelligenz oder weil die Aliens so hilfsbereit sind) die Abhandlung über Nibiru, die er auf der Webseite raumbrueder.de entdeckt hat:

"Er soll allerdings kein Planet sein, sondern ein Brauner Zwerg. Einer seiner Monde wird nach Meinung des Seitenbetreibers von den Anunnaki bevölkert. Die Anunnaki '(...) sind eine humanoide Art (Mensch-Reptil-Hybriden) mit unterschiedlichem Aussehen. Sie sehen uns Erdenmenschen teilweise sehr ähnlich. Haarfarbe: blond bis schwarz, auch rot. Größe der Männer: 2 – 2,20 Meter; Frauen: 1,80 – 2,20 Meter. Sie kommen aus dem Aldebaran System im Sternbild Stier. Ihre Nachfahren sind in den Plejaden gesiedelt.' "
Die Prä-Astronautik-These an sich halte ich zwar in Teilen für diskussionswürdig, denn die neolithische Revolution ist m.E. zu vielfältig in ihren Errungenschaften, als dass sie sich allein durch eine günstige Klimaveränderung (nicht nur in der Agrarwirtschaft, sondern auch in Bezug auf Astronomie, Schulsystem, Schrift, politisches System etc.) erklären ließe.
Es ist nun einmal eine Tatsache, dass weltweit etliche alte Kulturen in Mythen von 'göttlichen Lehrmeistern' berichten. Diese hätten vor Jahrtausenden die meist auf jungsteinzeitlichem Niveau lebenden Erdlinge besucht und seien dann zu ihren Heimatsternen zurückgekehrt.

Andererseits fragte ich mich (für einige Sekunden), wie groß der technische Aufwand wohl sei, damit am Ende so ein Kurzfilm dabei herauskommt:

Dann fiel mein Blick auf die entscheidende Zeile der Erklärungstafel: 
"The One-Horned Human is designed as a virtual fossil discovery from 2942 AD..."
Also ein Kunstgegenstand, vielleicht eine Art futuristische Körperwelten-Variante?Warum aber landet das Video dann in einem Artikel über frühe außerirdische Besucher auf der Erde? Ein simples Versehen - oder der Versuch, die eigene Leserschaft zu beeindrucken?]
Mit der Anunnaki-These, wie sie ursprünglich von dem "selbsternannten Sumerer-Experten Zecharia Sitchin" aufgestellt wurde, hat dieses Video (wie auch andere auf der Raumbrüder-Seite zusammengestellte Relikte) jedenfalls nichts zu tun. 
  • Die Annunaki sind 'eigentlich' die Unterwelt-Götter in der mesopotamischen Mythologie, welche den Göttern des Himmels (Igigi) gegenübergestellt werden. Im Enūma elisch müssen die Igigi für die Annunaki arbeiten, bis sie dagegen rebellieren.  
  • Die Anunna stellen in der sumerischen Religion den göttlichen Ältestenrat dar. Sie werden mit den Annunaki gleichgesetzt.
Sitchin, ein amerikanischer Bestsellerautor, entwickelte aus der Übersetzung von sumerischen Keilschrift-Texten dagegen die Theorie, dass vor 432.000 Jahren die von Nibiru stammenden Anunnaki die Erde kolonisiert und den Menschen durch genetische Manipulation von Primaten als Arbeitssklaven erschaffen hätten. Der Mensch ('Adamu') habe im Auftrag der Außerirdischen vor allem Arbeiten in Gold- und Uranbergwerken verrichten müssen. 

Die Außerirdischen hätten sich mit menschlichen Frauen vermischt (vgl. auch 1 Mose 6,1-3) und vermehrt. Vor 13.000 Jahren schließlich hätte eine große Flut zahllose Menschen getötet, worauf es zu Kriegen zwischen den Menschen und den Außerirdischen gekommen sei. 


Sitchin wollte alten Schrifttafeln ferner entnommen haben, dass Nibiru von Außerirdischen bewohnt sei, die eines Tages die Menschheit auslöschen werden. Der Bezug zum 21.12.12 mag vor allem deshalb hergestellt worden sein.


Eine kritische, aber sachliche Stellungnahme zu Sitchins Thesen und z.T. auch Dänikens findet sich bei der GWUP: "Fehler und Fehlinterpretationen Zecharia Sitchins".


Verallgemeinernd ist anhand dieser Kritik festzustellen, dass präastronautische Thesen zwar plausibel klingen, anderseits aber wohl gänzlich unbewiesen sind. Zumindest in Bezug auf Sitchins Ausführungen lässt sich dies mit einiger Sicherheit sagen.

Ausgerechnet auf Sitchins spekulative Annahmen lässt sich ein Weltuntergangsszenario für 2012 also nicht glaubhaft aufbauen.

Aber: 
"Dem Irrglauben wird niemand Herr werden."

Dienstag, 18. Dezember 2012

Luther gegen den Papst (Doku)

ARTE-Dokumentation über Martin Luther und seine Zeit

In gut 90 Minuten wird recht weit ausgeholt, anstatt allein die teilweise zu beobachtende Korruption innerhalb der katholischen Kirche als alleinige Ursache für die von Martin Luther letztlich ungewollt eingeleitete Kirchenspaltung darzustellen. Gut so, denn nur im Kontext eines in den autonomen Städten Italiens allmählich beginnenden Gesinnungswandels lässt sich die Resonanz auf Luthers Werk vollständig verstehen.

Freilich fand Luther eine Kirche vor, deren Leitung sich mit Händen, Füßen und Gewalt gegen dringend notwendige Reformen zur Wehr setzte, nachdem die innerkirchliche Erneuerungsbewegungen vorheriger Jahrhunderte zwar Erfolge vorzuweisen hatte, aber das Antlitz der Kirche insgesamt kaum hatte beeinflussen können.
                 

Siehe auch: 



Montag, 10. Dezember 2012

Sind Vergebung und Sühne käuflich?

Ein heikles Thema, aber eines, das m.E. nicht ignoriert werden sollte - insbesondere vor dem Hintergrund, wie sich der Staat Israel gegenwärtig positioniert.

Auf Zustimmung von der falschen Seite, d.h. von Nazis, Ignoranten und Antisemitisten, lege ich nicht den geringsten Wert. Doch in meinen Augen ist es ein gewichtiger Unterschied, ob ich mich als Deutscher meiner unbestreitbaren geschichtlichen Verantwortung stelle - oder ob ich mich fortgesetzt von einem Schuldkomplex vereinnahmen und instrumentalisieren lasse, welcher für Deutsche unangebracht ist, die nach 1945 geboren sind.

Das Luxemburger Abkommen von 1952
Am 10.9.1952 wurde das sog. Luxemburger Abkommen unterzeichnet - durch den israelischen Außenminister Mosche Scharett, den Präsidenten der Conference on Jewish Material Claims Against Germany (die jüdische Opfer außerhalb Israels vertrat), Nachum Goldmann, und Bundeskanzler Konrad Adenauer: Zusätzlich zu den individuellen Entschädigungen für Holocaust-Überlebende wurden westdeutsche Zahlungen von drei Milliarden D-Mark an Israel sowie Kompensationen in Höhe von 450 Millionen D-Mark an die Claims Conference vereinbart. Die Leistungen erstreckten sich über einen Zeitraum von zwölf Jahren und bestanden vorwiegend aus deutschen Warenlieferungen und einer  Milliarde D-Mark war zur Finanzierung israelischer Erdölkäufe. 
Derweil lehnten Während die Sowjetunion und die DDR-Führung jegliche Verpflichtung gegenüber Israel mit dem Verweis auf die grundsätzliche Erfüllung des Potsdamer Abkommens durch Ostdeutschland ab.

Das Abkommen war sowohl in Israel als auch in Deutschland höchst umstritten. Der rechtskonservative israelische Oppositionsführer Menachem Begin lehnte das "Blutgeld" ab: Geld könne den millionenfachen Mord nicht sühnen. Vergebung sei nicht käuflich. In Deutschland durchgeführte Meinungsumfragen machten deutlich, dass damals nur 11 Prozent der Bundesbürger Reparationszahlungen an Israel befürworteten; 24 Prozent sahen sie als zu hoch an, 44 Prozent hielten sie für überflüssig.

Es darf angenommen werden, dass die individuellen Entschädigungen für Opfer bzw. Angehörigen von weitaus mehr Deutschen befürwortet wurden. Ein Grundgedanke der an Israel geleisteten Zahlungen und Lieferungen sah vor, dass Deutsche sich nicht dauerhaft an geraubtem jüdischen Eigentum bereichern dürften und zu materieller Entschädigung verpflichtet seien. 
Zudem bildete das Luxemburger Abkommen bildete einen wichtigen Schritt für die Herstellung internationalen Vertrauens in die Bundesrepublik; und es schuf wichtige Grundlagen für die Entwicklung der Beziehungen zwischen Israel und Deutschland. 
"Den deutschen Beitrag für die Entwicklung des jüdischen Staates während des ersten Jahrzehnts seiner Existenz wertete Nachum Goldmann, bis 1977 Präsident des Jüdischen Weltkongresses und einer der Architekten des Luxemburger Abkommens, Mitte der 70er-Jahre: "Ohne die deutschen Wiedergutmachungsleistungen, die in den ersten zehn Jahren nach der Gründung Israels einsetzten, besäße der Staat kaum über die Hälfte seiner heutigen Infrastruktur: alle Züge, alle Schiffe, alle Elektrizitätswerke sowie ein Großteil der Industrie sind deutschen Ursprungs." Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung
Es kann nicht bezweifelt werden, dass die moralische Verwantortung auf deutscher Seite wie auch die  Auseinandersetzung mit der Shoah niemals 'beendet' sein kann. Doch wie steht es mit materiellen deutschen Leistungen, die über eventuell bis heute ausstehende individuelle Entschädigungen hinausgehen? Und: Darf sich die deutsche Seite erneut schuldig machen, indem sie fortgesetzt durch militärische Unterstützung Israel mittelbar auch Menschenrechtsverletzungen gegenüber den Palästinensern zu verantworten hat?

Nicht nur in den 50er und 60er Jahren war Deutschland ein bedeutender Lieferant von militärischer Ausrüstung und Waffen nach Israel, bevor die Lieferung deutscher Panzer an Israel 1965 beendet wurde. Deutschland beliefert Israel weiterhin mit U-Booten der Delfin-Klasse; inzwischen besitzt Israel nun fünf in Deutschland gebaute U-Boote, auf denen auch Atomwaffen eingesetzt werden können. Die ersten drei Boote wurden mit 1,1 Milliarden D-Mark aus dem Bundesetat subventioniert.

Im Jahr 2010 berichtete die Süddeutsche, Israel plane, die 1952 mit Deutschland geschlossenen Wiedergutmachungsverträge nachzuverhandeln. Dabei ging es allerdings nicht um Waffenlieferungen, sondern um konkrete Leistungen an Holocaust-Überlebende. Während ich für derartige Forderungen Verständnis aufbringe, haftet gerade der militärischen Unterstützung Israels bis in die Gegenwart ein schaler Beigeschmack bei - während es eine "Wiedergutmachung" niemals geben kann und eine Aussöhnung  zwischen dem jüdischen und dem deutschen Volk auf geeigneteren Wegen erfolgen sollte.