Sonntag, 2. September 2012

Das Lehramt spricht Tacheles

Hermann Häring über das autoritäre Kirchenverständnis Roms

Ob es um Reizthemen wie Priesterzölibat, Ordination von Frauen geht oder um theologischen Dogmatismus (etwa in Bezug auf Jungfräulichkeit und Himmelfahrt Mariens) - die Positionierung der römisch-katholischen Kirche ist heute nur noch schwer zu vermitteln.   Während Bücher wie 'Der größte Raubzug aller Zeiten' auf wachsendes Interesse stoßen, leeren sich die Kirchen rapide.
Doch der Vatikan und seine Vertreter in Deutschland denken offenbar überhaupt nicht daran, Zugeständnisse zu machen und so ihre Akzeptanz unter den nicht an ihrer Religion, aber deren Institution zweifelnden Gläubigen zu erhöhen. 

Der katholischen Theologe Hermann Häring setzt sich mit einem 'System' auseinander, das selbst besonnene Theologen zur Ordnung ruft, die mögliche Fortschritte thematisieren, ohne das 'Ganze' infrage zu stellen: Das  autoritäre Kirchenverständnis Roms erweist sich gerade in Auseinandersetzung um eine Reform des römisch-katholischen Kirchensystems.
Gerhard Ludwig Müller, Bischof von Regensburg, wirft allen katholischen Geistlichen, die über Frauen als Priesterinnen wenigstens zu diskutieren wünschen, vor, den offenbarten Willen Jesu zu leugnen. Die Forderung, Frauen zu ordinieren, stelle  die moralische Integrität von Papst und Bischöfen infrage und wer dergleichen wünsche,  könne daher nicht mehr als katholisch betrachtet werden.


Es wird einmal mehr deutlich, wie die Männerelite in Rom zurückhaltende Bitten um Diskussion zurückweist - im konkreten Beispiel geht es um Frauenordination in der katholischen Kirche (vielleicht das heikelste unter den Themen, die immer mehr Katholiken umtreiben):

Die apodiktische Wortwahl von Müller sage schon alles.

"Neuscholastische Argumentation"

Das lehramtlich neuscholastische Denken des Bischofs und Theologen Müller werde durch folgende Prinzipien geprägt. Bevor er sich bestimmten Lehrinhalten zuwendet, stellt er die formalen Rechte der Kirchenleitung klar: 
"Es gibt in der Kirche eine Instanz, die die göttliche Wahrheit untrüglich erkennen kann. Gemeint sind das Kollegium der Bischöfe bzw. der Papst. Wer aber die Wahrheit untrüglich erkennen kann, so die Folgerung, kann sie gegebenenfalls auch unfehlbar formulieren und dogmatisch festlegen. Diese dogmatischen Definitionen funktionieren wie die Urteile eines Gerichts und unter bestimmten Umständen arbeitet deren letzte Instanz (Konzil oder Papst) wie ein Oberstes Gericht [...], das keine Berufung mehr zulässt und zulassen kann.
Mit gutem Grund müssen Revisionsversuche ins Leere laufen: Einmal gefällt, sei ein solches Urteil aus sich heraus irreformabel und unfehlbar, wie die   Unfehlbarkeitsdefinition von 1870 festlege...
Der Artikel Härings ist hier zu finden:
Freilich muss man die autoritäre Haltung der Kirchenleitung in Rom wohl relativ zu dem sehen, was sich in manchen islamischen Staaten ereignet - oder gerade in Russland abgeht. Dort nimmt der Schulterschluß zwischen Staats- und Kirchenführung ganz andere Ausmaße an und greift weit mehr in das Leben der menschen ein, als wir uns dies hier überhaupt vorstellen: 

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