Samstag, 12. Januar 2013

Paul Watzlawick - Wenn die Lösung das Problem ist

Warum finden Probleme, auf deren Lösung Menschen ihre ganze Kraft konzentrieren, dennoch keine Lösung? Anhand vieler anschaulicher Beispiele vermittelt der Psychoanalytiker und C.G. Jung-Schüler Paul Watzlawick in diesem Vortrag seine Thesen, die heute wie vor 20 Jahren sehr bedenkenswert sind. 
In den 80ern wurde Prof. Dr. Paul Watzlawick durch zahlreiche Bücher wie „Anleitung zum Unglücklichsein", „Irrwege und Umwege", „Vom Schlechten des Guten" oder „Wie wirklich ist die Wirklichkeit" berühmt. 

Donnerstag, 3. Januar 2013

‘Deep Thought’ und der Sinn des Lebens

(aus dem Buch ‘Per Anhalter durch die Galaxis‘ v. Douglas Adams)

Ein Mann stand vor dem Gebäude, das den Platz deutlich beherrschte, auf einem bunt geschmückten Podium und sprach über eine Lautsprecheranlage zu der Menge: “Liebe Freunde, die ihr hier im Schatten von Deep Thought wartet!”, rief er, “Ruhmreiche Nachfahren von Vrumfondel und Magikweis, den größten und wahrlich bedeutendsten Gurus, die das Universum je hervorgebracht hat...  Die Zeit des Wartens ist vorüber!”

Stürmische Hochrufe brachen aus der Menge hervor. Fahnen, Papierschlangen und begeisterte Pfiffe segelten durch die Luft. Die engen Straßen sahen fast wie auf den Rücken gedrehte Tausendfüßler aus, die wie verrückt mit den Beinen in der Luft rumstrampelten.
“Siebeneinhalb Millionen Jahre hat unser Geschlecht auf diesen großen und hoffnungsvollen Augenblick der Enthüllung der Wahrheit gewartet!”, rief der Oberjubler, “Den Tag der Antwort!”
Die hingerissene Menge brach in Hurras aus.

“Nie wieder”, schrie der Mann, “nie wieder werden wir morgens aufwachen und uns fragen ‘Wer bin ich?’, ‘Was ist der Sinn meines Lebens?’, ‘Macht es – kosmisch betrachtet – wirklich etwas aus, wenn ich nicht aufstehe und arbeiten gehe?’ Denn heute werden wir endlich und ein für alle Mal die schlichte und einfache Antwort auf alle diese bohrenden kleinen Fragen des Lebens, des Universums und aller Dinge erhalten!”
Zwei schlicht gekleidete Männer saßen ehrfurchtsvoll vor dem Terminal und warteten.

“Die Zeit ist gleich um.”, sagte der eine.
“Vor 75.000 Generationen brachten unsere Ahnen dieses Programm ins Rollen”, sagte der zweite, “und nach dieser langen Zeit werden wir die ersten sein, die den Computer wieder sprechen hören.”
“Eine ehrfurchtgebietende Aussicht, Phouchg”, stimmte der erste zu.
“Wir sind diejenigen”, sagte Phouchg, “denen er die Antwort geben wird auf die große Frage nach dem Leben…”
“…dem Universum…”, sagte Luunquoal.
– “…und allen Dingen…!”

“Schsch!”, sagte Luunquoal mit einer leichten Handbewegung, “Ich glaube, Deep Thought wird gleich sprechen.”

Es folgte eine kurze, erwartungsvolle Stille, als an der Vorderseite des Schaltpults Armaturen langsam aufzuglühen begannen. Lämpchen gingen probeweise an und aus und bildeten schließlich ein nüchtern-geschäftsmäßiges Muster. Ein sanftes tiefes Summen war aus dem Mitteilungsfrequenzband zu vernehmen.
“Guten Morgen”, sagte Deep Thought endlich.
“Äh… Guten Morgen, oh Deep Thought”, sagte Luunquoal ängstlich, “hast du… äh, das heißt…”

“…eine Antwort für euch?”, unterbrach ihn Deep Thought würdevoll. “Ja. Die habe ich.”
Die beiden Männer zitterten vor froher Erwartung. Ihr Warten war nicht vergeblich gewesen. “Es gibt tatsächlich eine?”, hauchte Phouchg.
“Es gibt tatsächlich eine.”, bestätigte Deep Thought.

“Auf alles? Auf die große Frage nach dem Leben, dem Universum und allen Dingen?” 
“Ja.”

Beide Männer waren auf diesen Augenblick gedrillt worden, ihr Leben war eine einzige Vorbereitung auf diesen Moment, man hatte sie bereits bei ihrer Geburt als diejenigen ausgewählt, die der Antwort beiwohnen würden, aber selbst sie wurden gewahr, dass sie jetzt nach Luft schnappten und rumhampelten wie aufgeregte Kinder.

“Und ...du bist bereit, sie uns zu geben?”, drängte Luunquoal. 
“Das bin ich.” -”Jetzt?” “Jetzt.”, sagte Deep Thought. Beide Männer leckten sich ihre trockenen Lippen.
“Allerdings glaube ich nicht”, setzte Deep Thought hinzu, “dass sie euch gefallen wird.”
“Das macht doch nichts!”, sagte Phouchg. “Wir müssen sie nur jetzt erfahren. Jetzt!”

“Jetzt?”, fragte Deep Thought.
“Ja! Jetzt…”

“Also schön”, sagte der Computer und versank wieder in Schweigen. Die beiden Männer zappelten nervös hin und her. Die Spannung war unerträglich.

“Sie wird euch bestimmt nicht gefallen”, bemerkte Deep Thought. “Sag sie uns trotzdem!”  – 
“Na schön”, sagte Deep Thought. “Die Antwort auf die große Frage…” – “Jaaa…!”
“…nach dem Leben, dem Universum und allen Dingen…”, sagte Deep Thought. “Ja…!” – “…lautet…”, sagte Deep Thought und machte eine Pause. “Ja…!” -”…lautet…” – “Ja…!!!…???”

“Zweiundvierzig“, sagte Deep Thought mit unsagbarer Erhabenheit und Ruhe.

Es dauerte lange, lange, ehe wieder jemand sprach.
Aus den Augenwinkeln sah Phouchg unten auf dem Platz das Meer gespannter und hoffnungsvoller Gesichter. “Jetzt werden sie uns wohl lynchen, was meinst du?”, flüsterte er.
“Es war eine sauschwere Aufgabe.”, sagte Deep Thought mit sanfter Stimme.


“Zweiundvierzig!”, kreischte Luunquoal los. “Ist das alles, nach siebeneinhalb Millionen Jahren Denkarbeit?”
“Ich hab’s sehr gründlich nachgeprüft”, sagte der Computer, “und das ist ganz bestimmt die Antwort. Das Problem ist, glaub ich, wenn ich mal ganz ehrlich zu euch sein darf, dass ihr selber wohl nie richtig gewusst habt, wie die Frage lautet.”
“Aber es handelt sich doch um die große Frage! Die letzte aller Fragen nach dem Leben, dem Universum und allen Dingen.”, jammerte Luunquoal.
“Ja”, sagte Deep Thought in einem Ton, als ertrüge er es mit Freuden, mit solchen Idioten zu reden, “aber wie lautet sie denn nun?”


Ein dumpfes, verblüfftes Schweigen kroch über die Männer weg, als sie erst den Computer anstarrten und dann sich.
“Naja, weißt Du, es geht einfach um alles… um alles.”, schlug Phouchg schüchtern vor. “Genau!”, sagte Deep Thought. “Wenn ihr erstmal genau wisst, wie die Frage wirklich lautet, dann werdet ihr auch wissen, was die Antwort bedeutet.”
“Oh Gott, grauenhaft”, murmelte Phouchg, pfefferte sein Notizbuch in die Gegend und wischte sich eine winzige Träne aus dem Auge.

“Also schön, okay, okay”, sagte Luunquoal, “kannst du dann bitte wenigstens die Frage sagen?” – “Die letzte aller Fragen?” – “Ja!”
“Nach dem Leben, dem Universum und allen Dingen?”- “Ja!”

Deep Tought dachte einen Moment nach. “Knifflig.”, sagte er. “Aber du kannst sie uns doch sagen?”, schrie Luunquoal.
Deep Thought dachte wiederum lange darüber nach. Schließlich sagte er mit fester Stimme: “Nein.”

[Immerhin wird noch ein Lösungsvrschlag unterbreitet:]
Die beiden Männer sanken verzweifelt auf ihre Stühle.
“Aber ich werde euch sagen, wer das kann”, sagte Deep Thought.
Wie auf ein Kommando sahen beide nach oben.

“Wer? Sag es uns!” [...]

“Ich spreche von keinem anderen, als von dem Computer, der nach mir kommt”, verkündete Deep Thought, und seine Stimme nahm wieder ihren gewohnten Predigtton an.
“Ein Computer, dessen simpelste Funktionsparameter zu berechnen ich nicht würdig bin – und doch werde ich ihn euch entwerfen. Ein Computer, der die Frage nach der Letzten aller Antworten berechnen kann, ein Computer von so unendlicher und unerhörter Kompliziertheit, daß das organische Leben selbst einen Teil seiner Arbeitsmatrix bildet.


Und ihr selbst werdet neue Gestalt annehmen und in den Computer steigen und sein Zehn-Millionen-Jahre-Programm steuern! Ja! Ich werde euch diesen Computer entwerfen. Und ich werde ihn euch auch benennen.
Und er soll heißen…

… Die Erde.”