Montag, 27. August 2012

Die Geschichte christlicher Gewalt - Martin Stöhr

Einseitig aufbereitete Texte, gerade wenn sie ein kritisches, negativ besetztes Themengebiet behandeln, schätze ich nicht sonderlich. Andererseits sind Gewaltakte seitens oder auf Veranlassung religiöser Institutionen als geschichtliche Tatsache nicht von der Hand zu weisen, daher dürfen die historischen Fakten meiner Auffassung nach weder verdrängt noch ausgeblendet werden.
Doch ist es ebenso schädlich, wenn eine tendenziöse Darstellungsweise und subtile Wortwahl den Eindruck zu erwecken suchen, als sei Gewalt und Schrecken so ziemlich das einzige, was Religionen hervorgebracht hätten.

Die Abhandlung "Die Geschichte christlicher Gewalt" von Martin Stöhr eignet sich insoweit als Einstieg in die Auseinandersetzung mit einer Religion, deren Theologie eine klare Botschaft des Friedens, der Gerechtigkeit und der Gewaltlosigkeit in den Vordergrund stellt. Dass insbesondere das Alte Testament (AT) in Teilen vor Tod und Gewalt trieft, tut dem keinen Abbruch.

Unangebracht dagegen ist die "christliche Tradition, sich selbst als ’Religion der Liebe’ zu deklarieren und das Judentum mit der Rede von einem ’rachsüchtigen und gewalttätigen Gott’ abzuwerten".

Stöhr zeigt den Irrtum auf, welcher auf der Annahme beruhe, dass im AT allein  ’Krieg’ und ’Gewalt’ dominieren, während und ’Liebe’ und ’Frieden’ dem Neuen Testament vorbehalten seien.

Er beschreibt den erstaunlichen, ja unverständlichen Wandel des Christentums von einer verfolgten jüdischen Sekte bis hin zur dominanten, gewaltbereiten Staatsreligion und Konstantin 'dem Großen' und in den Jahren danach (unter Kaiser Theodosius I (379–395)).
Für Konstantin zählte dabei nur, welcher der militärisch stärkere Gott war und welche Gruppierung als politischer Machtfaktor zu berücksichtigen war.  

Für ihn galt das selbe Prinzip wie für viele weltliche Machthaber nach ihm: Eine verbündete und vor allem einheitlichen Religion und kirchlicher Monopolanspruch stärkten den eigenen Machtbereich ganz erheblich. Unter Theodosius I. sei eine theologisch korrekte christliche Lehre zum Staatsgesetz erhoben worden. Was eine Irrlehre ist, definierten die Bischöfe oder Synoden.

Die Verfolgung der Häretiker, später der Heiden und Juden, wird zur Aufgabe der staatlichen Gewalt oder des Volkes, dem man Sündenböcke zeigt...

Stöhr betont allerdings, dass der Wunsch einer einheitlichen christlichen Religion auch auf einer tiefen christlichen Sehnsucht beruhte: ’auf dass alle eins seien’.
Doch zugleich manipulierten die machtbewußten Eliten auf klerikaler wie säkularer Seite geschickt den Zorn der entstehenden 'römischen' Kirche gegen Andersgläubige für ihre Zwecke, der "zuerst den Häretikern, dann den Heiden und zuletzt den Juden" gegolten habe.

Das Verhältnis zwischen Christen- und Judentum wird durch katholische Polemik gegen das Judentum auf die Ablehnung und spätere Hinrichtung Jesu "durch das jüdische Volk" reduziert. Dieser kollektive Vorwurf soll die römische Staatsgewalt ent- und das  das jüdische Volk belasten.
"Diese christlichen Bündnisse mit der Staatsmacht auf Kosten des Judentums vergiften die jüdisch-christlichen Beziehungen auf fast 2000 Jahre."


Im Lauf der Jahrhunderte, so Stöhr weiter, habe eine bemerkenswerter Akzentverschiebung stattgefunden: Immer weniger sei mit dem Gebot 'Du sollst nicht morden' (so lautet offenbar die korrekte Übersetzung oder mit der biblischen Ethik gegen die Allmacht weltlicher Herrscher argumentiert worden. Die Aufforderung aus der Apostelgeschichte ’...man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen!’(Apg 5,29) trat hinter einen verkürzten Vers aus dem Römerbrief zurück: ’Seid untertan der Obrigkeit, die Gewalt über euch hat’ 1 .


Auch Karl der Grosse (768–814) knüpfte erneut an die Traditionen des römischen Reiches an - er war bestrebt, die religiöse Einheit in seinem Reich zu erwirken und stellte zugleich Kirche und Religion in den Dienst des Staates. Teile der Sachsen werden mit grausamer militärischer Gewalt unterworfen, christianisiert und 'eingegliedert'. Nicht das 'gepredigte Wort Gottes' brachte den Glauben; vielmehr wurde dieser brutalst mit Feuer und Schwert erzwungen. Heidnische Kultorte und Heiligtümer wurden weitestgehend zerstört.
Dass Karl sich Glanz und Autorität von biblischen Gestalten wie David und dem Priesterkönig Melchisedek (Gen 14, Hebr 5, 6) entlieh, blieb in der europäischen Geschichte kein Einzelfall. 

Wie aber gelang das Kunststück, die gewaltsame Nötigung andersgläubiger Menschen nicht mit Stellen aus dem AT, sondern unmittelbar aus den Evangelien zu rechtfertigen?
Unter anderem hatte der afrikanische Kirchenvater Augustinus v. Hippo in seiner Auseinandersetzung mit den Donatisten sowie seine 'Lehre vom gerechten Krieg' wertvolle Vorarbeit geleistet, indem er ein Gleichnis Jesu geschickt als als Rechtfertigung verwendete:
In der lateinischen Bibelübersetzung Vulgata wurde die Einladung Jesu zum "eschatologischen Festmahl" (Lukas 14, 23)2 an die die sozialen Außenseiter und gesellschaftlich Verachteten in Zwang verwandelt: ’Cogite intrare! Zwingt sie, einzutreten!’  

Stöhr spannt nicht nur den weiten Bogen bis zu den Kreuzzügen - er arbeitet auch heraus, wie in der Christenheit eindringliche Begrenzungen der Gewalt gefordert werden - nicht erst seit den mittelalterlichen Erneuerungs- und Armutsbewegungen. 
"Die Botschaft Jesu ist nicht ganz vergessen."
Freilich wurde ein Teil dieser Bemühungen um innerkirchliche Erneuerung (vgl. 'Franziskaner als Sozialrevolutionäre') und Rückbesinnung kategorisch als Irrlehre gebrandmarkt - insbesondere da, wo Päpste und Kurie ihren eigenen Machtanspruch in Zweifel gezogen sahen. Allgemein seien Aktionen gegen Gewalt innerhalb der christlichen Geschichte allerdings eine Minderheitenposition.-
"Mehrheitlich findet eine Anpassung an die herrschende Macht statt oder eine Instrumentalisierung isolierter christlicher Motive wie z.Zt. in der Kriegsrhetorik von George W. Bush oder bei den fanatischen Gegnern in Nordirland."
In seinem Artikel begeht Martin Stöhr nicht den häufig anzutreffenden Fehler, sich im Stiel der Boulevard-Presse auf die allgemein bekannten 'Highlights' wie Hexenverbrennung und Vernichtung der Katharer zu stürzen. Statt dessen wird eine Entwicklung hin zur biblisch scheinbar legitimierten Gewalt beschrieben.

Aus meiner Sicht ist seine Darstellung so ausgewogen, wie es ein derart heikles Thema nur zulässt.
Allerdings geraten m.E. die Attribute 'christlich' und 'römisch-katholisch' etwas durcheinander: Sofern bezüglich der ersten Jahrhunderte von christlicher statt katholischer Gewalt die Rede ist, ensteht ein pauschaler und insoweit unzutreffender Eindruck: Nicht nur unter den Gnostikern gab es sehr wohl christliche Strömungen, Gruppen und Gemeinden, die dem pazifistischen Ethos der Anfangsjahre konsequent die Treue hielten.




Anmerkungen:
Der Vers lautet vollständig: "Jedermann sei untertan der ObrigkeitA, die Gewalt über ihn hat. Denn bes ist keine Obrigkeit außer von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott angeordnet." (Röm 13,1 Lut,1984)

2 "Und der Herr sprach zu dem Knecht: Geh hinaus auf die Landstraßen und an die Zäune und nötige sie hereinzukommen, dass mein Haus voll werde. (Lk 14, 23; Lut,1984)"


Sonntag, 26. August 2012

Der Teufel bei den Katharern und den Hexen

Daniela Müller greift eine in der Forschung wie auch in populärer Literatur über die religiöse Bewegung der Katharer und ihre Verfolgung bzw. Vernichtung seitens der katholischen Kirche durchgängig anzutreffenden Annahme auf:
Lange galt als gesichert, dass bald nach dem Albigenser-Kreuzzug in Südfrankreich die Hexenverfolgungen begonnen hätten, um die Katharer endgültig auszumerzen.

Bekanntlich starben die ‘Ketzer’ Okzitaniens auf den Scheiterhaufen der Inquisition, in weltlichen und kirchlichen Gefängnissen; sie wurden über Landesgrenzen hinweg verfolgt und geächtet – bis um ca. 1320 in ganz Mitteleuropa (mit Ausnahme Bulgariens) kein Katharer mehr seinen Glauben öffentlich ausübte.

Die vereinzelt vorkommende Rückkehr zum katholischen Glauben und in den Schoß der liebenden Mutter Kirche rettete den ‘Ketzern’ zwar das Leben, nicht aber ihre Existenzgrundlage, ihre Güter und ihre gesellschaftliche Stellung.
Ein insoweit plausibel erscheinender Zusammenhang zwischen Katharer- und  Hexenverfolgung sei aufgrund der Fälschungen des Historikers Etienne de Lamothe-Langon als bewiesen angenommen worden. Dieser hatte in seiner Histoire de l’Inquisition en France um 1829 eine Reihe von Massenprozessen gegen  „Hexen“ in Toulouse und Carcassonne durchgeführt geschildert, denen Hunderte von Menschen zum Opfer gefallen sein sollten.
Nachdem sie knapp 150 Jahre lang in allen einschlägigen Werken bereitwilltig zitiert wurden, konnte die von Lamothe überlieferten Textquellen in den 1970er Jahren als Fälschung entlarvt werden.

Es scheint jedoch, als sei das Werk von Lamotte nicht der einzige konkrete Hinweis auf einen solchen Zusammenhang:Eine Hausarbeit über die Rolle des Domikikaner-Ordens in der Ketzerbekämpfung legt beispielsweise dar, diese habe bereits mit der „Ketzermission“ des Dominikus in Okzitanien begonnen. Schließlich sei der 1217 durch Papst Honorius III.
anerkannte „Ordo fratrum Praedicatorum“ durchaus zu diesem Zweck ins Leben gerufen worden.
In Ihrer o.a. Abhandlung hinterfragt Müller, ob der angenommene Kausalzusammenhang zwischen Katharern und Hexen weiterhin Bestand habe. Eindeutige Quellen dazu gebe es nicht, aber:
Die Inquisitoren, die als erste gegen vorgebliche Hexen ermittelten, entstammten ja dem Orden der Dominikaner und waren somit bestens mit den Lehrmeinungen der Katharer vertraut 
Es sei daher geboten, mögliche Einflüsse der katharischen Lehre vom Bösen und über den Satan auf die spätere „Hexenlehre“ zu untersuchen.
Ein zentrales Element der katharische Theo­logie bildet die Erzählung vom Fall der Engel (‘Engelssturz’), der in seiner gnostischen Lesart Bezug auf das NT, Offb. 12,7-9 nimmt:
7 Und es entstand ein Kampf im Himmel: Michael und seine Engel kämpften gegen den Drachen; und der Drache und seine Engel kämpften;
8 aber sie siegten nicht, und ihre Stätte wurde nicht mehr im Himmel gefunden.
9 Und so wurde der große Drache niedergeworfen, die alte Schlange, genannt der Teufel und der Satan, der den ganzen Erdkreis verführt; er wurde auf die Erde hinabgeworfen, und seine Engel wurden mit ihm hinabgeworfen.
(Offenbarung d. Johannes 12, 7-9, Schl. 2000)

Von hier aus wird erfolgt die Begründung des spezifischen katharischen Dualismus begründet – entweder in seiner radikalen oder seiner gemäßigten Form.
“Luzifer wird, in Analogiebildung zu Gott und Jesus, seinem Sohn, als Sohn des bö­sen Gottes aufgefasst, der sich in einen Engel des Lichts verwandelt und wegen seiner großen Schönheit von den Engeln Gottes geliebt und vom Herrn als Verwalter ein­gesetzt wird. Mit seiner Verschlagenheit aber täuscht er die Engel, bringt sie zur Sünde und zieht sie aus dem Himmel weg.”
Die Annahme eines vollkommenen ‘Guten Gottes’ und eines unvollkommenen, schlechten Gottes (Demiurg) ist ein wesentlicher Grundstein aller der Gnosis zugerechneten Strömungen, auch des Katharismus.
Durch eine Akzentverschiebung trete zunehmend das Motiv der Verführung der Engel durch List und Tücke des Luzifer an die Stelle des gewaltsamen Kampfes. Nun erscheint nun auch die Frau – nicht überraschend, zumal List und Täuschung in der christlichen Tradition meist der Frau zugeordnet wird.  
Daniela Meyer beschreibt sehr detailliert eine interessante Entwicklung, durch die einem weiblichen Himmelswesen als ‘Gehilfin des Teufels’ die Schuld am Engelsturz zugeschrieben werde (vgl. Brevis summula).
Neben der das Weibliche entwertenden Vorstellung steht bei den Katharern auch Eva nach Berichten katholischer Polemiker vereinzelt in „besonderer“, nämlich geschlechtlicher Nähe zum Teufel:
”…in Geständnissen vor der Inquisition ist gleiches zu lesen, … dass aus dem Geschlechtsverkehr des Teufels mit Eva Kain, aus dem Adams mit ihr Abel entstanden sei.”
Bis in die Mitte des 13. Jahrhunderts war in Südfrankreich dagegen keine geschlechtsspezifische Schöpfungsge­schichte überliefert. Der Teufel erschuf die Körper der Menschen und schloss darin gefallene Engelsee­len ein. Von der Erschaffung Adams und Evas nur gesagt, dass Satan, bzw. Luzifer beide Körper gemacht habe.
Männliche und weibliche Körper gehen auf das Werk des Teufels zurück; im Reiche des Guten Gottes gebe es keine Geschlechtsunterschiede. 

Somit wurde eine Geschlechtsverbindung von Satan und Frau, bzw. weiblichem Wesen vor allem bei den italienischen Katharern angenommen – diese Versionen katharischer Vorstellungen waren auch den Dominikanern bekannt.
(So allmählich ahnt man, worin der Zusammenhang zu den vermeintlichen 'Hexen’ späterer Jahre besteht, denen ebenfalls nachgesagt wurde, sie paarten sich mit dem Teufel und seinen Dämonen:)
“Von hier aus könnte ein besonderes Interesse in dominikanischen Kreisen an einer Verbindung Frau und Teufel bestanden haben, was den Weg für entsprechende Bausteine der Hexenlehre geebnet haben könnte.”--
Eines ist mir dabei unklar: Falls es sich bei der abwertenden Haltung in Teilen des Katharismus nicht nur um eine böswillige Polemik ihrer Ankläger handelte, weshalb wurden dann gerade bei den Katharern Frauen mit besonderer Verantwortung für soziale Einrichtungen, aber auch geistlicher Natur betraut?

Pervertierte Öffentlichkeitsarbeit:
Nach den Katharern waren die 'Hexen' an der Reihe


Diese Lehrmeinung über den Bezug des Teufels zur Frau schlechthin mag ein verhängnisvoller Auslöser dafür sein, dass sich der Glaube an eine übernatürliche Hexerei bis etwa zum Jahre 1230 durchsetzte. Von da an beschäftigte man sich 'wissenschaftlich'  mit Zauberei und Hexerei
Auch wenn man glaubte, alle Frauen von Natur aus schlecht und triebhaft seien, sollten bestimmte Körpermerkmale als Indikator dafür dienen, dass einzelne 'verdorbene Weiber' Unzucht mit dem Teufel ("Teufelsbuhlschaft) trieben. Nach solchen absurden Vorstellungen waren rotes Haare, tief liegende Augen sowie Sommersprossen und Warzen besonders verdächtig...

Es dauerte ganze hundert Jahre, bis Papst Johannes 22. um 1326 festlegte, dass neben der Ketzerei nun auch die Hexerei gerichtlich verfolgt werden sollte. (Katharer gab es seit etwa 1320 keine mehr, die man noch zur Einschüchterung des Volkes nach inszenierten Schauprozessen hätte öffentlich verbrennen können. 
Es mag etwas polemisch klingen, den damaligen Päpsten und Inquisitoren diese Motivation der 'Zielgruppenfestigung' zu unterstellen - doch es ist nun mal belegt, dass im südfranzösischen Okzitanien ganze Dorfgemeinschaften zwecks Abschreckung gezwungen wurden, öffentlichen Hinrichtungen von Häretikern beizuwohnen.

Die systematische Hexenverfolgung setzte ein, als Innozenz VIII. 1484  in der der sog. Hexenbulle (Summis desiderantes affectibus) die Handlungen und Vergehen aufführte, die als 'hexentypisch' anzusehen waren. Die Bulle verlieh zwar die Vollmacht zur Zurechtweisung, Inhaftierung und Bestrafung verdächtiger Personen, jedoch nicht zur Hexenverbrennung.
"Zusammenfassung von Hansen 1901: Papst Innozenz VIII. (Dominikanermönch Heinrich Kramer) ermächtigt die beiden in Deutschland tätigen Inquisitoren Heinrich Institoris und Jacob Sprenger [ebenfalls Mitglied des Dominikanerorden], gegen die Zauberer und Hexen gerichtlich vorzugehen. Er erklärt den Widerstand, den dieselben seither in Kreisen von Klerikern und Laien bei dieser Tätigkeit gefunden haben, für unberechtigt, da diese Verbrecher tatsächlich unter die Kompetenz der Ketzerrichter gehören, und beauftragt den Bischof von Straßburg, die den Inquisitoren etwa entgegengesetzten Hindernisse durch die Verhängung kirchlicher Zensuren zu beseitigen."

Der Hexenhammer (malleus maleficarum) des Dominikaners Heinrich Kramer knüpfte 1487 möglicherweise an die vorgeblich in katharischen Schriften zu findende Minderwertigkeit der Frau an - nun wurde auf die Urgeschichte des Alten Testaments im 1.Buch Mose verwiesen:
Frauen seien schon bei der Schöpfung benachteiligt gewesen, weil Gott Eva aus Adams Rippe schuf. Außerdem wurden den Frauen Defizite im Glauben vorgeworfen, die als „Feind der Freundschaft, eine unausweichliche Strafe, ein notwendiges Übel, eine natürliche Versuchung, eine begehrenswerte Katastrophe, ..., einen erfreulichen Schaden, ein Übel der Natur“ bezeichnet werden.
 
Zu den Opfern der Hexenverfolgung heißt es hier:
"Nach neueren Forschungen und umfangreichen Auswertungen der Gerichtsakten geht man davon aus, dass die Verfolgung in ganz Europa etwa 40.000 bis 60.000 Todesopfer forderte. Etwa 25.000 Menschen wurden auf dem Boden des Hl. Römischen Reichs Deutscher Nation [...] hingerichtet." 
Eine andere Zahl verdeutlicht das Ausmaß besser: Insgesamt soll etwa drei Millionen Menschen der Prozess gemacht worden sein, wobei Enteignungen zum Wohle der Kirche und Haftstrafen am zahlreichsten waren.-








Tod und Rückkehr – Christian v. Kamp

Christian von Kamp bietet auf seiner Webseite etliche Erzählungen und Bücher zum kostenfreien Download an. Hier bewahrheitet sich das Gerücht nicht, dass Kostenloses meist von nur geringem Wert sei.

Gerne lese ich seine Erzählung “Tod und Rückkehr, die sich mit überschaubaren 49 Buchseiten an einem verregneten Nachmittag gut bewältigen lässt.

Leichte Kost? Ja und Nein:

Die in ihrer Handlung fiktionale Erzählung ist in einem gut verständlichen Sprachstil verfasst, auch werden dem Leser keine komplexen Thesen über Unsterblichkeit, Wiedergeburt und Nahtod-Erlebnisse vermittelt. Eher scheint von Kamp’s Intention darin zu liegen, dass der Leser sich bald in die geschilderte Begebenheit hineinversetzt und in gewisser Weise mitfühlt.
Inmitten einer phantasievoll berichteten Begebenheit treten subtile Wahrheiten anschaulich zutage – wobei es dem Leser überlassen bleibt, ob er sich von ihnen berühren lassen mag oder nicht.

Fragen aus der Sicht von Naturwissenschaftlern werden nicht vertieft, dadurch wird die andernorts ausgiebig behandelte Kontroverse ‘echtes Erleben oder traumähnlicher Zustand?’ ausgeklammert.

“Auf der Erde können sogar die begabtesten Wortkünstler doch nur noch stammeln und lallen, wenn es um subtilere Bereiche des Geistes und der Seele geht.”

Wie von Kamp auf einer kurz gehaltenen Webseite darlegt, sind den empirischen Wissenschaften enge Grenzen gesetzt sind, denn sie dürfen sich naturgemäß allein mit materiellen Phänomenen befassen, zu denen ein Zugang durch beobachten, Messen, Berechnen und Experimentieren herstellbar ist.-

" … er begriff, dass seine Möglichkeiten, Gefühle wahrzunehmen, sich hier in ungeahntem Maße erweitert hatten. Ja, als er ein Kind gewesen war, da war er auch noch weit offen gewesen für Gefühle, ähnlich in seiner Jugend.
Doch dem Erwachsenen war diese Fähigkeit allmählich abhanden gekommen, da war das Leben viel mehr zum „Alltag“ geworden.”

Doch mit dem Erkennen an sich ist es nicht getan. Die Erzählung Tod und Rückkehr vermittelt, wie wir den Bezug zu einem Leben im Einklang mit uns und den Menschen um uns herum Stück für Stück aufgeben. Weder Unbeschwertheit noch ein klarer Blick auf das Wesentliche stellen sich im Alltag oft ein – zu viel Hektik statt Innehalten…wie auch? ein ToDo folgt auf das andere.
Dabei entsteht meist ungewollt ein Umfeld von Lieblosigkeit; viel zu selten nehmen wir unser Gegenüber als empfindsame Persönlichkeit wahr. Auch unsere eigenen Hoffnungen, Wünsche, Empfindlichkeiten treten in den Hintergrund. Sie müssen Platz machen für ein Gefüge aus Zwängen und Verbindlichkeiten, deren Bedeutung maßlos überschätzt wird.

Sind wir dafür hier? Besteht darin der tiefere Sinn und Zweck unseres Lebens auf der Erde?
Andererseits: Die wenigsten Menschen können sich ihren beruflichen und sonstigen Verpflichtungen komplett entziehen – zu groß wäre dieser Schritt und zudem mit erheblichen Ängsten besetzt. ‘Alles schleifen lassen’ ist auch kaum das ideale Rezept für ein erfülltes, bewusstes Leben – schließlich sind viele der sich wiederholenden ‘Musts’ die Folgen unserer eigenen Entscheidungen.

Doch es besteht täglich Gelegenheit, anderen und sich selbst Freiräume zu schaffen: Es hilft schon, wenn wir nicht nur Pragmatismus und Nutzen-vs.-Risiken-Abwägungen zum alleinigen Maßstab unseres Denkens und Verhaltens werden lassen. Denn Lieblosigkeit äußert sich in solch nüchternem Kalkül, das menschliche Belange ignoriert.

Lieblosigkeit, d.h. Abwesenheit von Liebe, von uneigennütziger Hinwendung zu anderen sowie des Hineinhorchens in sich selbst führen dazu, dass Menschen sich zunehmend in persönlicher Schuld verstricken.
Von dieser Schuld, aber auch von der Rechenschaft, die jeder von uns nach seinem Lebensende wird abgeben müssen, handelt diese Erzählung.

Doch das ‘wirkliche Leben’ spielt anders als jede noch so gute Erzählung. Es macht mich betroffen und traurig: Wenn wir wirklich hier sind, um uns selbst zu erkennen und “bedingungslos lieben … lieben … lieben” zu lernen, dann – so scheint mir nach einem Blick auf die Welt, meine nähere Umgebung und zuletzt in den Spiegel – sind wir fast alle wohl dabei, dieses Klassenziel gründlich zu verfehlen.-

 

Mit manchen Überlegungen über die ‘Relativität des Leidens’ vermag ich mich nur schwer anzufreunden:

“Wenn man aber die Zeit des Erdenlebens nur als die erste Sekunde des gesamten Lebens erkannte: Was bedeutete diese Sekunde dann, selbst wenn sie noch so erfüllt war mit Leid?

Die Ewigkeit glich doch dieses Leiden wieder aus, überwog es unendlich; machte es zwar nicht ungeschehen, aber schenkte soviel Seligkeit, daß der erlittene irdische Schmerz klein wurde.”

Beneidenswert ist, wer so viel Weitsicht und Abstraktionsvermögen aufbringt. So lange das Ich sich dieser Ewigkeit nicht bewusst ist und sie nicht als Gewissheit empfindet, können Tage voller Leid und Wochen der Leere sehr lange erscheinen. Gegenwärtig bleibt vielen Menschen allein die Hoffnung auf ein positives, erfülltes Jenseits…doch deren Wirkungspotenzial ist nicht zu unterschätzen.

Donnerstag, 23. August 2012

Kreuzzüge - Die Verfolgung der Katharer

Einige Fakten über Glaube, Lebensweise und das Schicksal der 'häretischen' Katharer sind hier zusammengestellt. Der nachfolgende Film von Peter Milger stellt primär die geschichtlichen Ereignisse und Zusammenhänge dar, welche in die systematische Vernichtung der Katharer nicht nur in Südfrankreich mündeten.

Es wird auch deutlich, wie sehr die Interessen eines feudalistischen Staatswesen mit dem Anlegen der sich selbst als alternativlos auffassenden katholischen Kirche verbunden waren...


Sonntag, 19. August 2012

Reise zum Mars ohne Rückfahrkarte?

Offenbar diskutieren einige Wissenschaftler ernstlich darüber, ob man Astronauten ohne Rückfahrkarte auf den Mars schicken sollte. Der Rückflug sei viel zu aufwändig und zu teuer...



Die Planungen privater Unternehmen sind recht weit fortgeschritten.
Der frühere Astronaut Thomas Reiter meldet ethische Bedenken gegen solche Einweg-Missionen an: Astronauten sollten ihre Erkenntnisse und Erfahrungen mit den Menschen auf der Erde teilen können. 
"Aus ethischen Gründen steht es deshalb für mich außer Frage, alles dafür zu tun, dass sie heimkehren können."


Leidenschaftliche Pionieren, die ohne Rückflugmöglichkeit zum Mars fliegen und dort eine Kolonie gründen, würden Wohnmodule als Basis zur Verfügung stehen. 
Sicher, das Forschungsareal wäre fraglos faszinierend..


Mars, 1980 aufgenommen von der Viking 1-Sonde

Die Probleme technischer Natur mögen binnen 20 oder 30 Jahren lösbar sein, aber: Die Astronauten müssten ihr Leben nacheinander auf dem Mars beenden, etwaige Bedenken kämen irreversibel zu spät.
Ich stelle mir die konkrete Situation wirklich schlimm vor, sofern kein Nachschub an künftigen Marsbewohnern geplant ist oder aufgrund von Entfernung und Kosten Jahrzehnte beansprucht.
Der letzte Überlebende beerdigt einen Kollegen nach dem anderen und zieht sich selbst in einen der Wohnkäfige zurück, wenn seine Zeit gekommen ist?

Neu ist die Diskussion über 'das ultimative Himmelfahrtskommando' nicht; sie erscheint dennoch verfrüht: Die Hausaufgaben sind erst teilweise gemacht. Weder die technischen Transportprobleme sind gelöst noch existieren ausreichende Erfahrungen über Langzeitaufenthalte im Weltall und auf fremden Planeten (Strahlungsrisiko, veränderte Schwerkraft, usw.). 
Auch die psychische Belastung des 'Lebens auf dem Mars' dürfte gewaltig sein: 
Auf äußerst beengtem Raum sein Dasein in einer endlosen rötlichen Schotterwüste dürfte es nach anfänglicher Begeisterung über das einzigartige Forschungsgebiet an Abwechslung mangeln, die Forscher würden wohl früher oder später an aufkommender Langeweile leiden und vereinsamen. Kein frisches Gemüse, nur noch Astronautennahrung? Auch ließen sich kaum Vorkehrungen gegen jeden erdenklichen medizinischen Notfall treffen.

Die meisten dieser Herausforderungen bestünden auch bei einer bemannten Langzeitmission mit Rückflugmöglichkeit, doch würde gerade die absehbare Rückkehr einiges davon erträglicher machen...

Donnerstag, 16. August 2012

Dienstag, 14. August 2012

Die Feierlichkeiten des Schahs von Persien in Persepolis (1971)

ARTE hat 2010 einen mehr als 40 Jahre alten 'Filmschatz' aufbereitet: die Feierlichkeiten des Schahs von Persien in Persepolis im Oktober 1971 anlässlich des 2.500-jährigen Bestehens der Persischen Monarchie:
"Die prunkvollen Feierlichkeiten spielten sich in einer riesigen, sternförmigen Zeltstadt vor den Ruinen von Persepolis ab, der Hauptstadt des antiken Perserreichs. Vor dieser grandiosen Kulisse empfingen der Schah und die Kaiserin Farah Diba drei Tage lang rund 60 gekrönte Häupter und Staatschefs beziehungsweise deren Vertreter aus fünf Kontinenten. Das immens kostspielige Fest stand im krassen Gegensatz zur Armut der Bevölkerung.
Was bezweckte der Schah mit all dem Pomp? Wie wirkten sich die Feierlichkeiten politisch aus? Und warum folgten so viele ausländische Staats- und Regierungschefs der Einladung zu dieser Jubelorgie in der Wüste?"