Eindeutig auf der Haben-Seite stehen u.a. die Einführung einer allgemeinen Krankenversicherung ("Obama-Care") sowie eine (nicht immer eingehaltene) Politik der Nicht-Einmischung in die Angelegenheiten fremder Staaten. Dass Israels vom Hass und elitärem Dominanzstreben der Ultra-Ordodoxen seines Landes gesteuerte und emotional beeinflusste Premierminister Benjamin Netanjahu äußerst unzufrieden über die Außenpolitik Obamas und insbesondere über das Atomabkommen mit dem Iran ist, zeigt: Obama hat vieles richtig gemacht mit seiner Strategie der De-Eskalation. Der US-amerikanische Schutz für das von allen Seiten umzingelte Israel sollte nicht infrage gestellt werden (was Obama auch zu keiner Zeit tat), darf jedoch nicht als Blanko-Scheck missbraucht werden, im Gaza-Streifen jegliches Menschenrecht außer Kraft zu setzen Darin liegt ein heikler Balance-Akt für Amerika, den Obama weitaus meisterte als sein als sein evangelikaler Vorgänger, der das Israel von heute mit einem Land aus dem Alten Testament verwechselte, deshalb nach Sharons Pfreife tanzte (und die Feinde Israels wie versprochen eliminierte). Man stelle sich dagegen vor, der "Wir-werden-einen-Kreuzzug-führen"-Präsident George W. Bush hätte sich der Ukraine-Krise stellen müssen. Diesem Gotteskrieger verdankt die Welt bereits einen komplett destabilisierten Nahen Osten, wodurch die Entstehung des IS erst möglich wurde.
Bush zettelte unter dem Eindruck der Terroranschläge von 9/11 einen "monumentalen Kampf des Guten gegen das Böse" an, während dessen Verlauf sich immer mehr Menschen weltweit fragten, wo denn die Seite des Guten noch vertreten sei. Dass Obama unter dem Eindruck der Folgen dieser Hammer-Nagel-Politik1 seines Vorgängers, seinem Land eine geostrategische Zurückhaltung auferlegte, war mehr als nur nachvollziehbar - es war richtig. Wenn er von Hardlinern und sog. Falken nicht nur innerhalb der USA als "Taube" verlacht wird, spricht in Wahrheit nur für ihn - soweit er diese Haltung denn beibehielt.
Nun aber steht die Zeit des schrittweisen Abschieds Obamas von einem Lebensabschnitt als "quasimonarchischer Halbgott"an, wo man sogar die Entführung der eigenen Portugiesischen Wasserhunde befürchten muss (der Secret Service vereitelte dieses verwerfliche Unterfangen, Bo und Sunny sind weiterhin wohlauf, vgl. WELT, Jan. 2016): vergangene Woche hatte er Deutschland besucht, als US-Präsident wohl letztmalig.
Und nun glänzte er zum achten und letzten Mal als Festredner beim jährlichen Correspondents' Dinner (WHCD) im Weißen Haus. F. Stephan (Die Zeit) nennt seine Reden bei der traditionsreichen Gala in Washington "mit großer Wahrscheinlichkeit die acht besten, die an dieser Stelle überhaupt jemals zu hören waren".
Obama spiele im informellen Rahmen dieser Veranstaltung sein rhetorisches Talent, sein Gespür für Timing, seine Selbstironie und seine Popkulturkenntnisse aus: Sogar die Red Wedding kennt er:
Er begrüßt zwei republikanische Senatoren, um dann zu rufen: "Security, versperrt die Ausgänge, Richter Merrick Garland, kommen sie her, wir machen das jetzt sofort." Und dann: "Das wird wie die Rote Hochzeit."
Hmm, ob er als POTUS die Zeit für ein Binge Viewing aller bisherigen Game-of-Thrones-Folgen gefunden hat? Oder nur für den betreffenden Filmausschnitt?
In seiner diesjährigen Rede nimmt er so ziemlich die gesamte politische Prominenz der USA aufs Korn:
- am meisten aber sich selbst - als ein ergrauender Mann, der auch nachts um drei hellwach ist, weil er dann zwingend zur Toilette muss.
- "Letztens ist jemand im Weißen Haus über den Zaun geklettert. Aber ich muss dem Secret Service meinen Respekt zollen: Sie haben Michelle schnell wieder zurückgebracht."
- "Nächstes Jahr um diese Zeit wird jemand anderes hier stehen und es ist immer noch offen, wer sie sein wird."
"Just kidding!" Es sei doch klar, er müsse noch über Trump reden.
- "Wir haben einen Raum voller Reporter! Prominente! Kameras! Und er sagt nein!" Sei das Correspondents' Dinner etwa "zu kitschig" für Trump? "Was macht er nur stattdessen? Isst er ein Trump-Steak? Twittert er Beleidigungen gegen Angela Merkel? Was macht er nur?"
Jedenfalls fehle es Trump keneswegs an außenpolitischer Erfahrung, über die
Jahre habe er viele Führungspersönlichkeiten aus aller Welt getroffen:" Miss
Sweden,… Miss Argentinia,… Miss Azerbaijan!" Anhaltendes Gelächter
im Saal, die "Miss Universe Organization" zählt zu Trumps Geschäftsbeteiligungen.
Ausgesprochen wertvoll könne Donalds Erfahrung auch sein, "wenn es darum geht, Guantanamo zu schließen. Denn Trump weiß das eine oder andere darüber, wie man Grundstücke am Wasser herunterwirtschaftet."
Beachtet man nur ein wenig die ernsteren Zwischentöne, so wird ebenfalls deutlich: Obama macht die US-Medien mitverantwortlich für Trumps Erfolg:
Zugegeben, bislang hatte ich zu wenig von Obamas Reden gehört, um sein sympathisches Talent als Comedian zur Kenntnis zu nehmen. (Naja, das ist halt mein eigenes Versäumnis, denn nicht nur im Vorjahr hatte er mit seiner WHCD-Rede ebenfalls brilliert: Etwa an de Adresse von Hillary Clinton:
"For many Americans, this is still a time of deep uncertainty. For example, I have one friend -- just a few weeks ago, she was making millions of dollars a year. And she's now living out of a van in Iowa."
Oder in Richtung der Leute, die ihn immer noch für einen Muslim halten: "Being President is never easy. I still have to fix a broken immigration system, issue veto threats, negotiate with Iran - all while finding time to pray five times a day.")
Ob in gut neun Monaten nun entweder eine dröge Lobbyistin des Investment Bankings seine Nachfolge antritt oder eine von politischer Erfahrung gänzlich freie Witzfigur mit orangefarbenem Haarteil, der anstelle von inhaltlicher Substanz mit der Beleidigung von Behinderten und Muslimen 'glänzt' - ich schätze, der charismatische und durchaus integre Barack Obama wird von vielen vermisst werden. Ob man in politischen Entscheidungen übereinstimmt oder nicht - es zeichnet Obama aus, dass er sich in acht Jahren keinen einzigen persönlichen Skandal zuschulden kommen ließ.
Da war weder eine Lewinsky-Affäre samt präsidialer Lüge noch horrender Ausweis von Unfähigkeit, weswegen sogar der Präsidenten-Papa glaubt die Schuld auf die Berater seines Sohnes schieben zu müssen. Etwaigen Apologeten der Präsidentschaften von Bush jun. seien 50 'beste' Zitate von George W. Bush vorgehalten. Mein Favorit, auch wenn er nicht zum Lachen verleitet: "Kein Präsident hat jemals soviel für die Menschenrechte getan wie ich!"
Ausgesprochen wertvoll könne Donalds Erfahrung auch sein, "wenn es darum geht, Guantanamo zu schließen. Denn Trump weiß das eine oder andere darüber, wie man Grundstücke am Wasser herunterwirtschaftet."
Beachtet man nur ein wenig die ernsteren Zwischentöne, so wird ebenfalls deutlich: Obama macht die US-Medien mitverantwortlich für Trumps Erfolg:
- "Ich will nicht zu viel Zeit mit 'The Donald' verbringen. Ich mache es wie ihr und halte mich zurück. Denn ich finde, dass er von Anfang an genau das richtige Ausmaß an Berichterstattung bekommen hat. Ich hoffe, ihr seid alle stolz auf euch. Der Kerl wollte seine Hotels bekannter machen und nun hoffen wir, dass Cleveland bis Juli durchhält." (In Cleveland findet im Juni 2016 der Nominierungs-Parteitag der GOP statt)
- "Es widerspricht nicht eurer Objektivität, wenn ihr Fakten einfordert!"
President Obama Speaks at the White House Correspondents’ Association Dinner
Zugegeben, bislang hatte ich zu wenig von Obamas Reden gehört, um sein sympathisches Talent als Comedian zur Kenntnis zu nehmen. (Naja, das ist halt mein eigenes Versäumnis, denn nicht nur im Vorjahr hatte er mit seiner WHCD-Rede ebenfalls brilliert: Etwa an de Adresse von Hillary Clinton:
"For many Americans, this is still a time of deep uncertainty. For example, I have one friend -- just a few weeks ago, she was making millions of dollars a year. And she's now living out of a van in Iowa."
Oder in Richtung der Leute, die ihn immer noch für einen Muslim halten: "Being President is never easy. I still have to fix a broken immigration system, issue veto threats, negotiate with Iran - all while finding time to pray five times a day.")
Ob in gut neun Monaten nun entweder eine dröge Lobbyistin des Investment Bankings seine Nachfolge antritt oder eine von politischer Erfahrung gänzlich freie Witzfigur mit orangefarbenem Haarteil, der anstelle von inhaltlicher Substanz mit der Beleidigung von Behinderten und Muslimen 'glänzt' - ich schätze, der charismatische und durchaus integre Barack Obama wird von vielen vermisst werden. Ob man in politischen Entscheidungen übereinstimmt oder nicht - es zeichnet Obama aus, dass er sich in acht Jahren keinen einzigen persönlichen Skandal zuschulden kommen ließ.
Da war weder eine Lewinsky-Affäre samt präsidialer Lüge noch horrender Ausweis von Unfähigkeit, weswegen sogar der Präsidenten-Papa glaubt die Schuld auf die Berater seines Sohnes schieben zu müssen. Etwaigen Apologeten der Präsidentschaften von Bush jun. seien 50 'beste' Zitate von George W. Bush vorgehalten. Mein Favorit, auch wenn er nicht zum Lachen verleitet: "Kein Präsident hat jemals soviel für die Menschenrechte getan wie ich!"
Gleich nach Obama betrat Larry Wilmore die Bühne, der bei Comedy Central die Sendung "The Nightly Show" moderiert - und setzte in Sachen Medienkritik noch eins drauf:
Seine Schmährede fällt so beißend aus, "dass während seiner Rede Buh-Rufe zu hören sind und der schwarze CNN-Moderator Don Lemon eine Attacke Wilmores mit dem ausgestreckten Mittelfinger quittiert" (vgl. SZ)
- Obamas Treffen mit dem Basketballstar Steph Curry kommentierte er mit den Worten "Das war cool. Und es ergibt auch viel Sinn: Ihr mögt es beide, aus einiger Entfernung Bomben regnen zu lassen." (Von Basketball habe ich keinen Schimmer, aber Curry versteht sich wohl auf Distanzwürfe. Während seiner Rede beim WHCD 2011 waren zwei Hubschrauber mit US-Elitesoldaten auf dem Weg nach Pakistan, um Bin Laden zu fassen oder zu töten. Selbst Kritiker mussten zugeben: Dieser Auftritt war nicht nur "cool", er zeigte die Nervenstärke des Präsidenten.)
- Noch weniger Begeisterung dürfte ein weiterer Bezug zu den jüngsten Nachrichten nach sich gezogen haben: über sein Publikum: "Ich bin wirklich beeindruckt von den Leuten in diesem Raum. So viele reiche, mächtige Menschen. Es ist wirklich nett, endlich die Namen mit den Gesichtern aus den Panama Papers zusammenzubringen."
Im direkten Vergleich mit TV-Satiriker Larry Wilmore schnitt Barack Obama jedenfalls um Längen besser ab; für meinen Geschmack hat es nichts mit Humor zu tun, wenn man an den ersten (und hoffentlich nicht den letzten) schwarzen US-Präsidenten Worte richtet wie:
"Yo, Barry, du hast es geschaffen, mein Nigger. Du hast es geschafft."
Das ist nicht lustig, sondern kommt rüber als beleidigende Provokation ...und dürfte im Nachgang der Veranstaltung für einige Aufregung gesorgt haben.
Dabei meinte Wilmore exakt das Gegenteil , denn gleich zuvor resümierte er mit einigem Pathos: "Und heute kann ein schwarzer Mann der Anführer der gesamten freien Welt sein".
Siehe auch:
- Obama beim Korrespondenten-Dinner: "Das wird wie die Rote Hochzeit" (SPON, 1.5.16)
- "Obama macht US-Medien mitverantwortlich für Trumps Erfolg" (SZ, 1.5.16)
- "Wieso Satiriker Wilmore die Medien kritisiert und das N-Wort benutzt" (SZ)
- "Warum wir Barack Obama noch vermissen werden", (Uwe Schmitt auf WELT.de, 23.4.16)
Anmerkungen
- "Wenn Dein einziges Werkzeug ein Hammer ist, wirst Du jedes Problem als Nagel betrachten." (Mark Twain)
- So schnelles und verärgertes Feedback habe ich noch nie erhalten - Grund: Ich hatte den Vornamen des US-Präsidenten falsch burchtabiert, und das gleich mehrfach. Nein, war keine Absicht. Und ist nun korrigiert. Sorry.
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